Die Welt ist dabei in Stücke zu fallen, und Leute wie Adams und Weston fotografieren Felsen!
Henri Cartier-Bresson
Dieses Zitat des französischen Fotografen stammt aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts, als sich die Welt in einer schweren Wirtschaftskrise befand. Adams und Weston konzentrierten sich weiterhin auf ihre ästhetischen Landschaftsbilder und Stillleben, während Cartier-Bresson sich der Streetfotografie widmete. Für ihn und viele Intellektuelle der damaligen Zeit galt die Devise, dass fotografische und künstlerische Arbeiten eine soziale bzw. gesellschaftliche Relevanz haben und die persönlichen Ansichten des Künstlers widerspiegeln sollten. Die Schönheit der Natur abzulichten war für sie nichts weiter als eine sentimentale, ja naive Sicht auf die Welt, die mit der Realität des Alltagslebens nicht allzu viel zu tun hatte.
Angesichts des aktuellen Zeitgeschehens scheint diese Frage erneut sehr berechtigt. Viele Fotografen beschäftigen sich aktuell mit Flüchtlingsporträts und ähnlichen Projekten. Wer banal schöne Natur- und Landschaftsmotive fotografiert, könnte da sehr schnell der Realitätsflucht bezichtigt werden.
Damals reagierte der Fotograf Edward Weston auch im Namen von Ansel Adams auf die Kritik, indem er sich sehr darüber wunderte, dass man die Bedeutung der Landschaftsbilder so unterschätzte. Diese seien sehr wohl "sozial relevant", weil sie eine ausgesprochen starke Wirkung auf die Psyche der Menschen hätten.
Unter dem Titel "Die Wildnis im Kopf" befaßte sich der Autor Thomas Saum-Adelhoff bereits 1993 mit unserer Wahrnehmung von Natur und Landschaft und seine Erkenntnisse bestätigen Westons Aussage. Es scheint einen unabhängigen psychischen Mechanismus zu geben, der Menschen unterschiedlichster Herkunft auf bestimmte Landschaften identisch reagieren lässt. Versuche haben gezeigt, dass Menschen in Krankenzimmern mit Blick ins Grüne schneller genesen als anderswo.