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Freitag, 18. Februar 2011

Richtig belichten - Kameratechnik verstehen

Wie wirken sich die Kameraeinstellungen auf das Bild aus?
Für alte Hasen stellt sich diese Frage nicht mehr, aber als Foto-Einsteiger steht man oft da, wie der sprichwörtliche "Ochs vorm Berg". Sobald man den Automatik-Modus verlässt, und versucht, die Sache mit Blende, Belichtungszeit und ISO-Wert anzuwenden, tauchen unerwartete Schwierigkeiten auf. Man hat zwar eine Idee, aber die Kommunikation mit der Kamera funktioniert noch nicht so richtig. Hier ein Praxisbeispiel.

Klick aufs Bild für größere Ansicht

 (1)

Beim ersten Bild ist belichtungstechnisch alles richtig gemacht: 1/500 sek Belichtungszeit bei Blende 4 und niedrigstem ISO (80) führt zu einem korrekt belichtete Foto.
Es sieht nur leider nicht so aus, wie gewünscht, es sollte „mehr Tiefe“ haben.
Was ist mit „Tiefe“ gemeint?


a) selektive Schärfe, d.h. Schärfe auf einem markanten Hauptobjekt + Unschärfe im Hintergrund oder
b) Schärfentiefe = mehr Schärfe von vorne bis hinten?



(2)

Erster Versuch: Belichtungszeit verlängert

Wenn b) gemeint war (mehr Schärfentiefe ), dann ist der Ansatz richtig: eine längere Belichtungszeit führt dazu, dass die Kamera die Blende weiter schließt, und damit die Schärfentiefenzone vergrößert: das Foto (1) bekäme mehr Schärfentiefe: das gebrochene Eis oben auf der Pfütze und das dahinter bzw. darunter liegende Eis wären scharf (z.B. f16 oder f22).

Wenn a) gemeint war (selektive Schärfe, weicher Hintergrund), führt das Verlängern der Verschlusszeit nicht zum gewünschten Effekt, denn die Blende wird weiter geschlossen. Um die die Schärfentiefezone zu verkleinern, muss man die Blende weiter öffnen (f2,8)

Das zweite Bild ist bereits überbelichtet: Warum? 
Die hier verwendete Kamera kann die Blende zwar weit öffnen (f2,8 Anfangslichtstärke), sie verfügt aber am anderen Ende der Skala nur über die Blendenstufe 8, d.h. die „Pupille“ lässt sich nicht weiter schließen (f11, f16, f22 stehen nicht zur Verfügung). Das wiederum bedeutet: je länger man belichtet, desto mehr Licht gelangt auf den Sensor. Weil man auch den ISO-Wert nicht weiter reduzieren kann (er ist bereits auf Minimum, 80) kommt es bei großer Helligkeit rasch zur Überbelichtung.

(3)


Versuch 2:
Es tritt der gleiche Effekt auf, wie in Foto 2, nur noch verstärkt: bei Blende 8 ist leider Schluss, die Kamera kann nicht weiter abblenden; die Belichtungszeit wurde aber noch weiter verlängert, es ist also noch mehr Licht auf den Sensor gelangt, dadurch wird das Foto völlig überbelichtet und fast weiß.

Wenn ein Foto zu hell wird, folgende Parameter prüfen:
a) kürzer belichten möglich?
b) Blende weiter schließen möglich?
c) ISO-Wert reduzieren möglich?

Noch einmal zurück zur Schärfentiefe: mehr als f8 ist bei dieser Kamera über die Blende nicht zu erreichen = die technische Grenze der Kamera ist erreicht.
Um mit f8 zu fotografieren, und trotzdem ein korrekt belichtetes Bild zu erhalten, kann man die Blendenvorwahl benutzen (A/Av) und die Blende auf 8 einstellen; die Kamera wählt dann die passende Verschlusszeit. Hier gibt es mehr Spielraum. 

In der Situation wie in Bild 1 (heller Sonnenschein) haben wir
ISO 80  | Blende 4 | 1/500 sek

Bei Blende 8 bekäme man etwa 1/125 bis 1/160 sek (je nach Bildausschnitt), und damit auch eine Verschlusszeit, die man noch gut aus der Hand halten kann, also auch kein Stativ benötigt.
Wenn es eher darum geht, die Schärfentiefezone zu verringern, also mit mehr selektiver Schärfe zu arbeiten, müsste man die Blende weiter öffnen (z.B. f2,8). Die Kamera würde dann, in der Halbautomatik, die Belichtungszeit verkürzen.

Selektive Schärfe bei diesem Motiv ...

...ist schwer herzustellen, weil der Abstand Kamera zum Motiv relativ groß und der Abstand Motiv(detail) zu Hintergrund eher gering ist. Selektive Schärfe funktioniert immer dann gut, wenn die Entfernungsverhältnisse umgekehrt sind: Kamera nah am Objekt, Hintergrund weit vom Objekt entfernt. 

Um bei Motiv (1) mit selektiver Schärfe arbeiten zu können, müsste man ganz nahe ran, und eine Detail-Ansicht mit der Makro-Einstellung machen - oder aus einer sehr tiefen Aufnahmeperspektive ganz  nah am Boden fotografieren.

In Bild (2) ist das Motiv eine Eisfläche mit schönen Strukturen, ohne Brüche. Wenn man das Foto gestalterisch so anlegt, dass man die Strukturen innerhalb des flachen Eises betont, genügt es, die Kamera parallel zur Eisfläche zu halten. Die Blende und die Zeit, die man dann für die Aufnahme verwendet, spielen keine Rolle, weil das Motiv keine Tiefe hat (Blende) und weil es sich auch nicht bewegt (Verschlusszeit).

Danke an Petra S. für die Bereitstellung der Bilder.

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