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Montag, 26. September 2011

Das läuft ja nicht davon...

Ja, es ist wieder einer dieser Momente... Wir neigen dazu der Welt, die uns umgibt, ein hohes Maß an Stabilität zuzuschreiben. Dummerweise nagt der Zahn der Zeit ganz gewaltig an allen Dingen. Während wir noch davon überzeugt sind, dass sich kaum etwas verändert, wird doch vieles ganz schnell ganz anders.  


Wer fotografiert, kennt den Gedanken: was ich heute nicht fotografiere, kann ich ja auch noch morgen, übermorgen oder nächste Woche, nächstes Jahr... mit der Kamera festhalten. Das ist richtig. Aber das Bild, das ich [dann] mache, wird anders aussehen bzw. etwas anderes zeigen.

Fotografie ist unlösbar mit der Zeit verknüpft,
die sie festhält, mit der Zeit,
die zwischen den Fingern,
zwischen den Augenblicken zerrinnt,
mit der Zeit der Dinge und Menschen,
des Lichts und der Gefühle.
Die Zeit wird nie mehr das sein, was sie war.

Jeanloup Sieff
 
Mein erstes Aha-Erlebnis zu dieser Thematik hatte ich in jungen Jahren, als wir einen Klassenausflug nach Nürnberg machten. 

Für mich war Nürnberg neu. So fotografierte ich eine Ansicht der Burg, die mir besonders gut gefiel, weil ein alter knorriger Baum seine kahlen Äste in den grauen Winterhimmel reckte. Lehrer und Mitschüler fanden es seltsam, dass ich davon ein Bild machte. Ein Satz, der mir seither in den Ohren hallte, war: "Ich bin dauernd in Nürnberg, die Burg kann ich immer fotografieren. Die steht hier seit x Jahren, und sie wird in zehn oder zwanzig Jahren auch noch hier stehen. Wieso sollte ich davon ein Foto machen?" Irgendwie wahr, dachte ich damals, gerade vierzehn Jahre jung.

Zehn Jahre später kam ich wieder nach Nürnberg und ich wollte mein schönes Burgmotiv mit neuer Kamera und besserer Technik wiederholen. Zu meinem Entsetzen stand an besagter Stelle zwar ein Baum, aber es war ein frisch gepflanzter junger Baum, festgebunden zwischen zwei Pfählen. Er passte irgendwie überhaupt nicht zu meiner Vorstellung des altehrwürdigen Burgmotivs. Für mich hatte sich alles geändert, auch wenn die Burg immer noch da stand. Und ich fing an darüber nachzudenken, wie lange sich wohl jemand finden wird, der alte Burgen instandhält.



Das zweite Aha-Erlebnis hatte ich gestern, als ich bei einer Führung durch das Olympiadorf erfuhr, dass die kleinen Studenten-Häuschen ABGERISSEN worden seien. Seit über zehn Jahren hatte ich deren bemalten Fassaden fotografieren wollen. Dutzende Male war ich in den letzten Jahren am Olympiapark aus der U-Bahn gestiegen, ohne jemals die zweihundert Meter bis zur Studentensiedlung zu laufen. Aus -  vorbei? Nein, erfreulicherweise sind die kuriosen Bauten wieder da. Denkmalschutz sei Dank: sie wurden im alten Stil wieder errichtet. Und so hatte ich das Glück, sie in ihrer Anfangsphase zu erwischen. Einige sind schon bemalt, andere noch nicht.  


Carpe Diem - nutze das Heute, vertraue nicht immer auf den nächsten Tag...


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