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Dienstag, 10. April 2012

Das ist krass: Lichtfeldkamera von Lytro


Das Spiel mit der Schärfe
gehört zum Repertoire
jedes geübten Fotografen...

Obwohl es im Bereich der Digitalfotografie ständig technische Weiterentwicklungen gibt, kommt es nicht so wahnsinnig oft vor, dass ich darüber im Blog berichte. Das liegt daran, dass es in Sachen Kameratechnik weitaus kompetentere Blogger gibt, und das wiederum liegt daran, dass die Technik für mich eher ein Mittel zum Zweck ist. Um interessante oder emotional bewegende Fotos zu machen, muss man definitiv nicht über jedes in der Kamera verbaute Einzelteil Bescheid wissen. Aber die technische Neuerung, um die es heute geht, ist so revolutionär und praxisrelevant, dass sie auch mich elektrisiert.

Die Firma Lytro hat eine Kamera vorgestellt, die nicht mehr aussieht wie eine Kamera. Es ist eigentlich nur ein Kubus: vorne befindet sich eine Linse, hinten ein Bildschirm mit Touchscreen. Es gibt eine Zoom-Funktion, ansonsten hat das handliche Gerät nur zwei Schalter, einen zum Ein/Ausschalten und den Auslöser. Die quadratischen Bilder werden in der Kamera gespeichert und über einen USB-Anschluss auf den Computer (Mac) übertragen.

Das Besondere: Es ist eine Lichtfeldkamera, und die hat keinen Autofokus. Sie nimmt stattdessen die gesamten sichtbaren Strahlen auf, den Schärfepunkt bestimmt man erst später: die Fotos lassen sich am Bildschirm interaktiv scharfstellen. Übersetzt auf eine handelsübliche Kamera würde das bedeuten: einfach erst mal abdrücken, am Computer wird das Bild anschließend auf den gewünschten Punkt scharf gestellt. So etwas wie einen "versehentlich verrutschten Fokuspunkt" gibt es hier also nicht mehr, und die ganze umständliche und zeitraubende Autofokussteuerung, die heute so manches Bild zum Fehlschuss werden lassen, entfällt. Durch die hohe Lichtstärke (f2.0) und die schnelle Ansteuerung der Lytro sind Schnappschüsse viel einfacher möglich.

Die Lichtfeldkamera setzt neue Maßstäbe. Wenn das oben gezeigte Motiv ein Lytro-Foto wäre, könnten Sie per Mausklick im Internet wahlweise auf das Gesicht oder auf die Hand scharfstellen.

Ich weiß: so toll werden manche das alles nicht finden. Viele Fotografen sind Kontrollfreaks und wollen selbst genau entscheiden, wo der Schärfepunkt liegt. Bildbearbeitung ist auch nicht jedermanns Sache, und die neue Kamera (derzeit nur in den USA erhältlich, ab 399 $) kommt mit einer Software daher, die erst mal nur auf dem Mac verfügbar ist. Trotzdem: diese Technologie ist so revolutionär, dass sie in den nächsten Jahren auch die "normale" Fotografie beeinflussen wird. Einige Experten sehen darin sogar die Zukunft der Fotografie. Ich bin etwas vorsichtiger und meine: die klassische Methode des Scharfstellens wird es auch in Zukunft geben, aber die Lichtfeld-Methode ist eine geniale Ergänzung, eine Erweiterung der kreativen Möglichkeiten. Ich hätte mir sofort so einen Kubus bestellt, aber leider liefert Lytro momentan nur innerhalb der USA aus.
 
An einem Beispielfoto kann man am besten sehen, wie das ganze funktioniert. Ich habe unten als Direktlink ein Foto von einem Hund und einer Hundeskulptur ausgesucht: Mit der Maus über das Bild fahren und mal den vorderen und mal den hinteren Hund anklicken. Ein aktueller Flash Player ist erforderlich, damit es funktioniert.

Man kann sich alle Fotos aus der umfangreichen Galerie vergrößert am Bildschirm anzeigen lassen (unten rechts in jedem Bild befindet sich das kleine quadratische Lytro-Symbol: anklicken und auf "Enlarge" klicken). In der Vollbild-Ansicht ist der Effekt noch deutlicher zu sehen, aber wer genau hinschaut, sieht auch, wo derzeit die Grenzen der Technik liegen. Eine knackige Schärfe bekommt man nicht überall gleich gut hin, natürlich sieht man auch beizeiten starkes Bildrauschen und eine durchgängige Schärfe auf Knopfdruck gibt es auch nicht. Aber immerhin nimmt einem diese Technik bei der Aufnahme die Entscheidung ab, ob man den Fokus lieber vorne oder lieber weiter hinten haben möchte. Insofern funktioniert diese Kamera eher wie ein menschliches Auge.

Was die durchgängige Schärfe angeht: da gibt es ja auch noch das so genannte Focus Stacking, über das ich in einem anderen Artikel berichten werde.  Meine Idee wäre es, mit einer Lichtfeldkameradie fürs Focus Stacking benötigten Bildserien mit einem einzigen Knopfdruck zu erzeugen... Ob ich richtig liege? Ich werde es ausprobieren. Anfang 2013 soll der Kubus auch in Europa erhältlich sein.

Alles in allem kann ich nur sagen: Schöne neue Bilderwelten, die da auf uns zukommen.

Deutscher Artikel über die Kamera
http://de.engadget.com/2011/10/20/lytro-lichtfeldkamera-hands-on/

Update 2020: Lytro war faszinierend, konnte sich aber nicht auf dem Markt durchsetzen. Panasonic hat jedoch die Zeichen der Zeit erkannt: Die Post-Fokus-Funktion ist eine praktische Alternative, die in die handelsüblichen Kameras als extra "Feature" eingebaut wurde.



1 Kommentar:

  1. das ist der hammer, danke für den beitrag und die beispiele--es funktioniert...
    andreas

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