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Freitag, 18. Dezember 2015

Günter Spitzing: Wie die Fotografie zum Beruf wurde

Wie berichtet ergab sich im Herbst 2015 die schöne Gelegenheit, dem Fotografen und Buchautor Günter Spitzing eine ganze Reihe von Fragen zu stellen. Im zweiten Teil der Interviewserie erzählt er, wie aus seinem Hobby ein Beruf werden konnte, und was er für nötig hält, um sich ein zweites Standbein als Fotograf aufzubauen.

Sie haben zwischen 1956 und 1965 neben ihrer Festanstellung in einem Industriebetrieb Diavorträge und Kurse gehalten. Da finde ich mich wieder. Auch heute gehen viele Hobbyfotografen diesen Weg, einfach weil sie so viel Spaß an der Fotografie haben. War die Fotografie für Sie zunächst nur ein Hobby und wann wurde sie zum Beruf?

GS:
Zunächst habe ich das Fotografieren als – so nannte man das damals – Liebhaberei betreiben. Das änderte sich aber sehr schnell. Ich wurde schon von meinen Schulkameraden als guter Fotograf angesehen. Wer damals Fotos, beispielsweise von Schulausflügen machte, dem wurden die Bilder abgekauft. Das musste sein, sonst hätte man sich die benötigten Filme gar nicht leisten können. Wir waren damals sehr knapp bei Kasse.


Gleich nach dem Abitur fuhr ich mit dem Fahrrad von Franken aus nach Norditalien. 1953 fuhr ich für ein Vierteljahr nach Griechenland und Istanbul, übrigens auch zum Athos. Damals wurden Farbfilme zugänglich ich fotografierte zum ersten Mal farbig. Ich hatte eine Kodak Retina und 10 Diafilme mit je 36 Aufnahmen dabei. Das war meine Investition. Geschlafen habe ich während der ganzen Reis immer irgendwo im Freien. Als ich zurückkam mietete ich einen großen Saal vertrieb Eintrittskarten, informierte die Presse. Es ging um meinen ersten und zugleich wohl erfolgreichsten Lichtbildvortrag mit dem Titel „Von Bamberg bis nach Istanbul". (Der Titel war angeregt von Karl Mays „Von Bagdad nach Stambul“.)
800 Besucher führten dazu, dass ich mir innerlich auf die Schulter klopfte und zu mir sagte „weiter so, Günter!“ So hörte ich Vorlesungen in Erlangen und hielt Vorträge in Vereinen, der Volkshochschule u.s.w.

Wie wurden Sie zu einem Fotoexperten?

GS:
Als Firmenmitarbeiter hatte ich die Aufgabe PR für Fotolicht zu machen. Gleichzeitig hielt ich daneben unabhängig Vorträge über meine Reisen. Diese sollte mir helfen eine finanzielle Reserve aufzubauen, um mich so schnell wie möglich selbstständig machen zu können  Ich arbeite also sowohl zur Fotolicht Promotion als auch frei die Vorträge und Artikel für die damals zahlreichen Fotozeitschriften in der Bundesrepublik, in Holland und in Italien aus.
Ein Aha-Erlebnis löste dann die Planung eines Lichtbildvortrages über Blitzfotografie aus. Mir kam die damals nicht selbstverständliche Idee das ganz systematische zu machen mit der Fragestellung: „Welche Eigenheiten und Anordnungen von Blitzleuchten wirken sich wie auf das Bildergebnis aus?“. Als der Vortrag fertig war und gehalten wurde, drängte sich die Idee zu einem Buch über Blitzfotografie geradezu auf. Und das ist viele Jahre später in erster Auflage 1968 mein Blitzbuch erschienen.

Heute ist es schwer, mit der Fotografie Geld zu verdienen – es gibt einfach zu viele Menschen, die genau das tun wollen. Wie war die Situation in den Sechzigerjahren für Fotoexperten (ohne einschlägige Berufsausbildung)?

GS:
Die Situation war damals schon schwierig, ist sicherlich heute noch schwieriger. Da ich auch damals schon viel geschrieben habe, lag es nahe, zur Fotografie irgendetwas anderes hinzuzunehmen. Für mich war das ganz klar das Wort. Neben Artikeln und Vorträgen wollte ich auch Fotobücher machen. Ich sage nach wie vor, dass man ohne formale Ausbildung Fotografie zu seinem Beruf machen kann, aber nicht alleine. Es muss noch etwas anderes hinzukommen – ganz egal was, ob das Schreiben ist, oder Kochen, Bienenzucht oder Reiseführung. Ich kann nur jedem raten, sich selbst zu befragen, was er neben der Fotografie noch können könnte und es sich dann zusätzlich zur Fotografie anzueignen. Dann besteht auch die Chance, dass eine berufliche Basis erarbeitet werden kann. Mit Fotografie allein ist man – so bedauerlich das auch ist – chancenlos.   

Tanzende Irulare Frauen
Ambedkar Nagar 2000




















Günter Spitzings heutige Fotografie dreht sich vor allem um Menschen. Mit seinen Aufnahmen macht er auf die Situation der Irular aufmerksam, einem bedrohten Naturvolk, das über Jahrtausende hinweg in Urwäldern und Baumsteppen lebte. Auf den ersten Blick mag das rückständig und nicht zeitgemäß wirken, aber selbst bei uns werden die Stimmen lauter, die uns daran erinnern, stärker mit der Natur zu leben, anstatt sie gnadenlos auszubeuten. Wie so etwas funktionieren könnte? Womöglich finden sich die Antworten genau hier. Schaut man genauer hin, versteht man plötzlich, warum Günter Spitzing sich so für die Irular einsetzt.

Im dritten Teil der Interviewserie wird es um Günter Spitzings Karriere als Fachbuchautor gehen, wie er sie erlebte und was dazu führte, dass er sich allmählich anderen Themen zuwandte.

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