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Dienstag, 11. April 2017

Bildbewertung online - jetzt für Stockfotos

Im Oktober 2016 hatte ich von Keegan, dem Fotocoach berichtet. Jetzt gibt es etwas Ähnliches, allerdings mit einer etwas anderen Ausrichtung.

Mit dem Begriff "Stockfotos" bezeichnet man Bilder, die auf Vorrat produziert und meist von Bildagenturen vertrieben werden („to have in stock“ – „auf Lager haben“). Solche Fotos unterliegen strengen urheberrechtlichen Richtlinien, müssen aber auch bestimmte ästhetische Kriterien erfüllen. Bei der Beurteilung eigener Werke tun sich viele Fotografen schwer. Was verkauft sich gut, was sollte man gar nicht erst ins Archiv einer Bildagentur hochladen?


Auf der Seite von Everypixel kann man Bildmotive auf ihren ästhetischen Gehalt überprüfen lassen. In Sekundenschnelle erhält man eine Bewertung und Stichwörter, sogenannte "Tags", die von selbstlernenden Algorithmen ermittelt werden. Die Genauigkeit, mit der Motive und Bildelemente dabei erkannt und benannt werden, ist bemerkenswert. Derzeit handelt es sich noch um eine Beta-Version, also ein Teststadium.

Die Entwickler von Everypixel sitzen in Russland. Laut eigenen Aussagen ist es ihr Ziel, die erste globale Suchmaschine für Stockfotos zu entwickeln und zu betreiben, um "die unfaire Situation in dieser Branche zu verändern".

Was ist an der aktuellen Situation unfair? 
Es gibt einige sehr große Bildagenturen, die den Markt beherrschen. Kunden, die Bildmaterial suchen, gehen oft direkt zu diesen Agenturen, kleinere Unternehmen haben in diesem Wettbewerb weniger Chancen. Was man beim Eingeben eines Suchbegriffs innerhalb einer bestimmten Agentur findet, hängt erneut von den meist geheimen Suchalgorithmen der jeweiligen Agentur ab. Mit einer unabhängigen (?) Suchmaschine, die die Bildbestände von dreißig oder mehr Agenturen durchsucht, besteht die Möglichkeit, andere Bilder zu finden - also auch die von Fotografen, die bisher noch nicht zu den Bestsellern der großen Agenturen gehören.

Der besondere Clou an dieser Suchmaschine besteht zudem darin, dass alles was "veraltet oder kitschig ist", aus dem Sortiment fliegt. So ganz unparteiisch sind die Jungs also nicht, aber das könnte wirklich frischen Wind in die Agenturszene bringen. Es gibt einige sehr typische Agenturmotive, die man seit Jahren im Web findet. Mit dem Algorithmus von Everypixel bekommen untypische Motive einen höheren Stellenwert und werden eher angezeigt, gefunden und anschließend vielleicht auch vermarktet.




Die Prozentzahl, die neben dem Foto eingeblendet wird, sagt die Wahrscheinlichkeit voraus, ob es sich um ein "beeindruckendes" Foto handelt oder nicht. Bei Motiven, die weniger als 85% ergeben, lohnt sich das Anbieten eines Motivs über eine Agentur wohl nicht.


Derzeit funktioniert das Ganze nur auf Englisch. Das macht jedoch Sinn, denn die meisten Agenturen und der Bildermarkt sind nun einmal international ausgerichtet. Wer Hilfe beim Übersetzen braucht, kann sich zum Beispiel von Leo helfen lassen oder DeepL benutzen - diese Übersetzungsmaschine ist richtig gut


Zum Testen habe ich einmal die URL eines der Motive eingegeben, die in meinem Fotoprojekte-Blog zeige.

Ganz wichtig für alle, die sich mit dem Gedanken tragen, ihre Bilder über Agenturen anzubieten: Bei dieser Bewertung von Fotos wird keine Aussage darüber gemacht, ob es rechtliche Probleme geben könnte, oder ob die Originaldatei den technischen Anforderungen entspricht. Über solche Fragen muss man sich auf den Seiten der Agentur informieren, bei der man seine Bilder anbieten möchte. Grundsätzlich gilt, dass man für Personenfotos immer ein Model-Release benötigt, und manche Motive dürfen grundsätzlich nicht angeboten werden - dazu zählen unter anderem der Walk of Fame in Los Angeles oder auch ICE-Züge der Deutschen Bahn.
Sobald Urheberrechte Dritter mit im Spiel sein könnten, ist von einer Vermarktung über eine Agentur also grundsätzlich abzuraten. Da reichen schon ein schickes Fahrzeug oder ein Markenlogo auf dem Turnschuh...

Trotzdem ist es ein spannendes Experiment, sich einmal von einer künstlichen Intelligenz mitteilen zu lassen, welche der eigenen Lieblingsmotive prinzipiell verkaufsträchtig sind.

Gefunden habe ich dieses Thema über einen Online-Artikel von Digitalfoto.de

Ein umfassendes Buch über das Thema Fotorecht (Amazon) ist ein Muss für alle, die Fotos online zum Verkauf anbieten. Vorsicht, der Spaß am Fotografieren kann bei dieser Lektüre Schaden nehmen.

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