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Montag, 8. Februar 2010

Wie fotografiere ich das Exterieur eines Pferdes?

Zugegeben: eine Frage, die nicht jeden Tag gestellt wird. Da ich selbst den Reitsport vor über 10 Jahren aufgegeben habe, gibt es auch nur alte analoge Fotos, um die Antwort auf die Frage zu bebildern.

Aufnahmeposition
Der Fotograf (oder die Fotografin) steht im 90° Winkel zum Motiv, idealerweise etwa auf Höhe des Widerrists. Bei kleinen Pferden kann es sinnvoll sein, eine etwas tiefere Aufnahmeperspektive einzunehmen, denn: fotografiert man von unten nach oben, sieht das Pferd größer aus, als es ist - oder es wirkt kleiner, wenn man die Kamera nach unten richtet. Auf jeden Fall werden durch schräge Winkel die Proportionen verändert, deshalb: Kamera und Pferd gerade halten, ggf. vom Stativ arbeiten. Verzerrungen kann man sich natürlich auch zunutze machen - z.B. um eine zu mächtige Hinterhand etwas zierlicher erscheinen zu lassen...

Brennweite

Wie beim Porträt sollte kein Weitwinkel eingesetzt werden, da es zu stark verzerrt, also besser Objektive zwischen 50 und 100 mm verwenden. Daraus ergibt sich automatisch auch der Abstand zwischen Fotograf und Motiv: das Pferd soll vollständig abgebildet werden, d.h. man braucht mindestens drei bis vier Meter Raum zwischen sich und dem Pferd.

Ausprobier-Tipp:
Fotografieren Sie Ihr Pferd von der Seite, einmal mit dem 18 mm Weitwinkel aus kurzer Distanz und danach mit einem 80 mm Objektiv aus etwas größerer Entfernung, und vergleichen Sie die Proportionen. 

Kamera-Einstellungen

Die Belichtungszeit sollte nicht länger sein als 1/125 sek (Tv/S auf 125 - 180 oder 250 stellen), um Bewegungsunschärfe oder Verwackeln zu vermeiden.

Die Blende sollte nicht ganz offen sein, damit die Schärfentiefezone tief genug ist, um beide Beine und ggf. auch eine leichte Schrägstellung des Pferdes auszugleichen: f5,6 sollte in den meisten Fällen ausreichen.
[je weiter man die Blende schliesst, desto größer die Schärfentiefezone, aber desto mehr verlängert sich die Verschlusszeit -> Verwacklungsgefahr wächst]

Diese Werte sind Richtwerte, kein absolutes Credo. Je nachdem, ob das Foto an einem hellen/sonnigen oder bedeckten Tag gemacht wird, kann es nötig sein, den ISO-Wert zu erhöhen, um die erforderliche Belichtungszeit zu erreichen.

Eventuell kann es sinnvoll sein, den Weißabgleich zu verändern. Bei den Beispielbildern unten sieht man, dass das Foto oben im Schatten des Hauses einen typischen leichten Blaustich aufweist. In so einem Fall würde man heute den WB auf "Schatten" umstellen für eine wärmere Bildwirkung.

Die Serienbildschaltung kann sinnvoll sein. Obwohl das Pferd steht und sich eigentlich nicht bewegen sollte, gibt es viele kleine Bewegungen, die schnell ablaufen, ohne dass man sie beeinflussen könnte: dazu zählen das Schlagen mit dem Schweif und das ständige Spiel mit den Ohren. 

Licht
Üblicherweise entstehen Pferdefotos im Freien bei Tageslicht. Im Hinblick auf die nötigen Verschlusszeiten ist es am leichtesten, wenn es ein heller Tag ist.
Wie in den meisten anderen Bereichen der Fotografie steht und fällt die Qualität einer Aufnahme mit den Lichtverhältnissen: Sonne ist wünschenswert, aber das Licht sollte nicht zu hart und kontrastreich sein. Die Mittagszeit eher meiden.

Am frühen Vormittag und späten Abend ist das Licht für Fotos i.A. am schönsten, aber achten Sie auf harte Schlagschatten, die stören könnten. An einem trüben bedeckten Tag ist die Ausleuchtung gleichmäßiger, die Fotos wirken aber nicht so attraktiv. Ein Aufhellblitz kann sowohl bei Sonne wie auch bei diffuser Beleuchtung sinnvoll sein, der Blitz darf aber keinesfalls die Hauptlichtquelle sein.


Location / Hintergrund
Ein unruhiger Hintergrund stört immer - auch beim Pferdefoto. Deshalb ist es wichtig, einen Platz zu finden, wo möglichst wenige störende Objekte innerhalb des Bildfeldes erscheinen.  Im Idealfall ist zwischen Pferd und dem ruhigen Hintergrund (z.B. eine Mauer) mehrere Meter Platz. Zäune sind zwar ein normaler "natürlicher Bestandteil" von Reitställen, als Hintergrund für Bilder eignen sie sich leider nicht so gut. Die harten Linien der Zäune lenken ab.

Wenn es nicht ohne Zaun geht, dann das Pferd möglichst weit entfernt davon aufstellen. Professionelle Pferdefotografen bringen manchmal sogar einen sehr großen Hintergrundstoff mit, um für einen solchen ruhigen (und zudem auch noch edel wirkenden) Hintergrund zu sorgen. Das sollte man nur dann machen, wenn man wirklich viel Erfahrung mit Pferden (und dem Fotografieren) hat. Alles, was sich normalerweise nicht in der gewohnten Umgebung eines Pferdes befindet, neu ist und fremd, sorgt für Nervosität - und die ist immer kontraproduktiv. 

Achtung, Nervensache!
Richten Sie die Grundeinstellungen an der Kamera ein, bevor das Fotoshooting beginnt. Arbeiten Sie zügig, aber nicht hektisch. Nehmen Sie sich so lange Zeit, bis die ideale Aufnahme im Kasten ist. Angst vor Pferden sollte man nicht haben, wenn man sie fotografiert. Nehmen Sie auch keine ängstlichen Assistenten mit.

Im oberen Beispielbild ist der Hintergrund zwar relativ ruhig, aber nicht sehr günstig: die diagonale Linie hinter dem Pferd kann die Proportionen visuell anders erscheinen lassen, auch die dunklen Fenster wirken störend. Zudem ist die Beinstellung nicht optimal, deshalb auch ein Wort zum...

Pferde-Posing
Das Pferd sollte gerade stehen, also die Hinterhand nicht vom Fotografen weg oder in Richtung Fotograf drehen (-> Verzerrung)
Es sollten stets alle vier Beine des Pferdes zu sehen sein, und zwar so wie im mittleren Bild. Während es auf dem Dressurviereck beim Halten ein Fehler ist, wenn das Pferd nicht geschlossen auf allen vier Beinen steht, ist für das Foto genau das Gegenteil gefragt: die weiter entfernten Beine stehen enger zusammen. Im unteren Bild verdecken die beiden linken Beine des Pferdes die rechten und das rechte Hinterbein müsste weiter unter dem Pferdebauch nach vorne kommen anstatt nach hinten ausgestellt zu sein.

Der Schweif sollte möglichst frei getragen werden. Schweifschlagen zerstört jede Aufnahme, also möglichst nicht an einem Tag oder in einer Umgebung fotografieren, wo zu viele lästige Fliegen und Bremsen das Stillstehen zur Tortur machen.
Der Kopf des Pferdes darf leicht in Richtung Fotograf gedreht sein - so wie im mittleren Foto. Denken Sie an den Stil alter englischer Stiche. Ein wacher und interessierter Gesichtsausdruck ist fotogener als ein dösender Blick, dem entsprechend sollte der Fotograf besonders dann auslösen, wenn die Ohren gespitzt sind. Bei sehr ausgeglichenen Pferden kann ein Helfer mit Papier rascheln, um für mehr Spannung in der Pferdepose zu sorgen.

Der Helfer oder die Helferin, die das Pferd aufstellt und hält, sollte im Foto nicht zu sehen sein, muss also die Zügel so weit durchhängen lassen, dass sie weit genug vom Pferdekopf entfernt stehen kann. Die Zügel sollen, wie beim Reiten auch, nicht verdreht sein; den Sitz des Reithalfters genau überprüfen und das Pferd nicht mit Leckerli füttern oder fressen lassen, weil ein vollgeschlabbertes Maul nicht gerade vorteilhaft aussieht.

Es versteht sich von selbst, dass beim Pferde-Shooting die gleichen Vorbereitungen getroffen werden, wie bei einem Personen Shooting: Kämmen, Bürsten, Hufe einfetten, Schweif verlesen, Lederzeug aufpolieren, Boden fegen...

Bei Offenstall- und Freizeitpferden muss vielleicht nicht ganz so viel getrimmt werden, aber je edler das Ross auf dem Foto aussehen soll, desto mehr Details sollte man im Auge haben.

Aus Sicherheitsgründen sollte mit einer Zäumung (Trense) anstatt nur mit einem Stallhalfter fotografiert werden. Falls Sie Pferde im Auftrag und gegen Bezahlung fotografieren (wollen), erkundigen Sie sich nach den Tarifen für eine Betriebshaftpflicht für Fotografen. Interessant kann es auch sein, ob der Pferdehalter eine Tierhalterhaftpflicht hat. 

Die Sicherheit der tierischen Modelle, FotografIn, Helfern und Zuschauern hat oberste Priorität - geben Sie sich also lieber mit einem nicht ganz so perfekten Foto zufrieden, denn erzwingen lässt sich nichts. 

Ergänzungen und Anmerkungen von FotografInnen, die sich schwerpunktmäßig mit der Pferdefotografie beschäftigen, sind an dieser Stelle erwünscht.

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