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Mittwoch, 20. Februar 2019

Im Vorbeigehen

In den letzten Wochen war ich viel zu Fuß unterwegs. Zum Fahrradfahren war es mir zu glatt, außerdem dauert es im Winter fast länger mich und das Fahrrad fahrbereit zu machen als die Kurzstrecke flott zu laufen. Der immense Vorteil am Zu-Fuß-Gehen besteht darin, das man eher stehenbleibt, wenn man ein interessantes Fotomotiv entdeckt. 
Auf dem täglichen Weg ins Büro kommt man immer wieder an den gleichen Stellen vorbei. Die unmittelbare Umgebung verliert im Lauf der Zeit ihren fotografischen Reiz und es kommen schnell die üblichen Gedanken hoch: Ich habe es eilig, das habe ich schon tausend Mal gesehen, das habe ich schon zehn Mal fotografiert ... Mag sein, aber das Wetter und das Licht sind jeden Tag ein bisschen anders. Neuschnee ist immer eine Ausnahmesituation, weil sich die Welt über Nacht in einem völlig neuen Gewand präsentiert.


Eine große Kamera habe ich fast immer dabei, aber manchmal bin ich zu bequem oder zu sehr in Eile, um sie aus dem Rucksack zu holen. Dann greife ich in die Jackentasche und zücke das Smartphone. Bei diesem Motiv waren mir die Passanten wichtig, die auf dem abschüssigen Weg zu sehen waren. Ich musste mich beeilen, um sie noch rechtzeitig in den goldenen Schnitt platzieren zu können. Am Smartphone stelle ich nicht viel ein, aber bei überwiegend hellen Motiven benutze ich in solchen Situationen die Belichtungskorrektur nach Plus, damit das Foto nicht zu grau und düster ausfällt. 




Auch so ein Motiv geht schnell, hier kam ebenfalls die Belichtungskorrektur zum Einsatz. Durch das 16:9-Format habe ich den Hintergrund oben links entfernt. Dort stand ein Auto in einer Nebenstraße, das den Blick unnötig nach oben abgelenkt hätte.  Für den engen Bildausschnitt habe ich das Zoom der Coolpix P1000 benutzt. Mit dem Smartphone hätte das Bild nicht so gut geklappt: Selbst wenn ich nahe ans Motiv gegangen wäre, hätte das Weitwinkel einen zu großen Bildwinkel erzeugt und es wäre noch mehr von der Umgebung im Bild zu sehen gewesen. Mit der Zoomfunktion nimmt die Bildqualität beim Handy zu schnell ab, darum ist eine klassische Kamera meistens die bessere Wahl.

So ein Wetter muss man ausnutzen, darum habe ich mir in der Mittagspause einen längeren Spaziergang an die Isar gegönnt. Bei der Motivsuche lasse ich mich von den Dingen überraschen, die ich vorfinde. An diesem Tag war es unter anderem die Isarvenus, ein neues Motiv für die Rubrik "Tausend Meisterwerke" im betrachtenswert-Blog.



Um Vögel in freier Wildbahn zu fotografieren, muss schon ordentlich Brennweite her. Bei solchen Motiven weiß ich, dass ich ein bisschen mehr Zeit und Geduld brauche. Vom ersten bis zum letzten Bild dieser Serie sind trotzdem nur drei Minuten vergangen. Gefühlt waren es mehr, aber die Exif-Daten sind unbestechlich. Der Fußmarsch vom Homeoffice zum Flaucher und wieder zurück hat länger gedauert als die Tierbeobachtung. Bei solchen Gelegenheiten begegnet man dem berühmt-berüchtigten inneren Schweinehund: Wie die meisten Leute bekomme ich im stressigen Büroalltag den Hintern oft nicht hoch, schaue nur zum Fenster hinaus und denke: Wäre schön, jetzt eine Runde mit der Kamera zu drehen. Wenn man es dann wirklich tut, wird man im Idealfall nicht nur mit schönen Bildern belohnt, man hat auch Bewegung an der frischen Luft und bekommt ein paar Sonnenstrahlen ab. Der Gedanke, dass man sich das zeitlich nicht leisten kann, lässt sich entkräften: Die halbe Stunde kann man abends notfalls anhängen. Schwieriger ist das für Leute, die zur Kita müssen, um ihre Kinder pünktlich abzuholen, oder für Menschen, die von einem Meeting zum nächsten rasen. Trotzdem: Es muss ja nicht der lange Spaziergang sein. Mitunter reichen schon fünf oder zehn Minuten, um zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.


Manchmal hat man Glück, manchmal lässt sich das Glück planen und manchmal ist es gut, wenn man seinen Tagesablauf spontan ändert. Das kann man nicht in jedem Beruf, aber vielleicht kann ich Sie dazu motivieren, es hin und wieder zu versuchen. Im Urlaub oder an außergewöhnlichen Orten fotografieren kann jeder, aber wie ist es zuhause, im Alltag? Mir ist der immer gleiche Weg, den ich zweimal täglich zurücklegen muss, manchmal auch zu öde. Inzwischen habe ich fünf Varianten ausgekundschaftet, zwischen denen ich je nach Wetterlage und Zeitkontingent wechseln kann. Mein Fahrrad wundert sich vermutlich, warum ich immer noch zu Fuß gehe, obwohl der Schnee und das Eis längst wieder verschwunden sind.
Bald beginnt die Fastenzeit und es ist wieder Hochsaison für Frühjahrsdiäten. Gönnen Sie sich lieber mehr Fotospaziergänge. Moderne Menschen bewegen sich sowieso viel zu wenig, und es gibt keine einfachere Methode für den täglichen Stressabbau. Wenn es Ihnen dabei auch noch gelingt, das Besondere in Ihrem Alltag zu entdecken, entstehen Glücksmomente, die sich in Ihrem Gedächtnis verankern werden. Machen Sie einfach jeden Tag ein paar Minuten Urlaub.

1 Kommentar:

  1. Sehr schön geschrieben ... und tolle Fotos. Seit ich nicht mehr arbeiten muss, nehme ich mir oft auch eine spontane Auszeit. Meistens habe ich auch ein oder mehrere schöne Motive entdeckt.

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