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Montag, 4. März 2019

Alte Schätze: Das Digitalisierungsprojekt

Letzte Woche war der Drucktermin für das Handbuch zur Nikon Coolpix P1000. Somit habe ich jetzt wieder mehr Zeit für das Langzeitprojekt "Fotos und Dias digitalisieren". Zwei Tage lang habe ich nur noch farbstichige, verfusselte und verstaubte Motive am Computermonitor gesehen, das ist schon eine spezielle Erfahrung. Bald kann ich mich als digitaler Bildrestaurator bewerben.

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Verschossene und vergilbte Fotos gehören beim Scannen zum Alltag. Wenn man die Software richtig einstellt, entfernt sie typische Farbstiche recht zuverlässig. Das ist oft einfacher, als die gescannten Motive erst später in Lightroom zu korrigieren. Allerdings muss man neben dem Scanner sitzenbleiben und die Einstellungen für jedes Motiv anpassen. Staub und Kratzer entfernen kann gute Software auch, aber das geht nicht selten auf Kosten der Bildschärfe. Ich fotografiere schon seit meiner Kindheit mit großer Begeisterung, aber ich hatte keine hochwertigen Kameras. Wenn mir damals jemand gesagt hätte, dass ich dreißig Jahre später Fotografin beziehungsweise Fotofachbuchautorin werden würde, hätte ich vielleicht länger gespart und mir doch die ganz teure Profikamera gekauft. Hätt i, daad i, war' i, sagt man bei uns in Bayern. Das bedeutet so viel wie: Jetzt ist es zu spät, sich darüber Gedanken zu machen, der Zug ist abgefahren. Die gute Nachricht für mich lautet: Ich muss die Originale nicht mehr aufbewahren.
 

Alte Digitalmotive 
Falls Ihre Digitalkamera zehn Jahre alt oder sogar noch älter ist (ja, das gibt es!), dann fassen Sie sich ein Herz und kaufen Sie sich bald eine neue.

Selbst preiswertere Kameras aus dem Jahr 2017 oder 2018 sind um Lichtjahre besser als sündhaft teure Geräte, die vor zehn Jahren auf dem Markt waren. In den 2000er Jahren steckte die Digitalfotografie noch in ihren Kinderschuhen und das sieht man den Fotos von damals auch an. Das gleiche werde ich womöglich in zehn Jahren über die heutigen Spitzenmodelle schreiben. Wir müssen uns einfach daran gewöhnen, dass moderne Kameras Computer sind und schneller veralten. Siehe dazu den Artikel Kann es sein, dass Fotoapparate altern?

Brügge, 1982
Doch zurück zum Digitalisierungsprojekt: Nach einem eher frustrierenden Schnelldurchlauf durch stumpfe, farblose und wenig interessante Urlaubsmotive aus Budapest, Wien und Brügge erinnerte ich mich an einen Satz, den ich wohl für den Großen Fotokurs verfasst hatte: "Fotografieren Sie Ihre persönliche Sichtweise auf Sehenswürdigkeiten und lichten Sie zum Beispiel den Eiffelturm nicht (nur) so ab, wie Sie ihn von Postkarten kennen. Ärgern Sie sich nicht über andere Touristen, die Ihr Motiv scheinbar verunstalten. Genau die könnten eines Tages den Unterschied zwischen einem interessanten und einem langweiligen Bild ausmachen. Das Alltägliche, das in den Bildern - manchmal versehentlich - auftaucht, verankert Ihr Foto in einer ganz bestimmten Zeit und macht es nach einigen Jahren historisch wertvoll." Deshalb sehe ich Softwareprodukte oder Apps, mit denen man Personen teilweise vollautomatisch aus Fotos herausretuschieren kann, mit gemischten Gefühlen.


Einerseits sind solche Funktionen nützlich und wichtig, um die Persönlichkeitsrechte der (versehentlich) mitfotografierten Passanten zu schützen. Viele Fotos sehen auch schöner aus, wenn man störende Elemente entfernt. Mit solchen Retuschearbeiten verändert man aber auch den Blick auf die Realität: Die Bilder suggerieren dem Betrachter, dass Sie in einem menschenleeren Paradies Urlaub gemacht haben, dabei waren zweihundert andere Personen mit Ihnen am Traumstrand? Nun ja, Geschmackssache. Streetmotive entfalten gerade durch das Vorhandensein von Personen ihre ganz besondere Wirkung. Da würde ich nicht retuschieren, sondern die Passanten lieber als Teil der Szene ins Motiv einbauen.

Welche Bilder sind "wertvoll"?
Beim Rückblick ins Archiv stechen meist Fotos von Personen heraus:  Familienangehörige, Freunde, Mitschüler, Kollegen oder Wegbegleiter, an deren Namen man sich manchmal gar nicht mehr erinnern kann. Haben Sie Fotos von persönlichen Erinnerungen wie das erste Auto, die erste eigene Wohnung oder Bilder von Orten, die es heute in dieser Form nicht mehr gibt? Bei diesen Motiven spielt die Bildqualität eine völlig untergeordnete Rolle. Ich habe mich gefreut wie ein Schneekönig, als ich in einem Diakoffer auf eine Fotoserie aus dem Jahr 1983 gestoßen bin. Bevor ich aus meiner ersten (und einzigen) Wohngemeinschaft auszog, habe ich noch alle Räume fotografiert. Beim Anblick dieser Bilder kommen mehr Erinnerungen hoch als bei jedem noch so gelungenen Reisefoto. Das Kaninchen, das Sie oben im Gemüsebeet sehen, ist eine dieser privaten Erinnerungen. Unser WG-Mitbewohner hatte das Beet mühevoll angelegt. Die jungen Pflänzchen darin waren einfach viel leckerer als die riesengroße grüne Wiese, auf der Moppel herumspringen durfte.

Natürlich sind zwischen all den langweiligen, unscharfen und verfusselten Motiven auch wieder ein paar fotografisch wertvolle Exemplare aufgetaucht. Die habe ich mit besonders hoher Auflösung eingescannt und werde mir im Lauf der Zeit auch die Mühe machen, jeden Fussel wegzustempeln.

Könnte überall gewesen sein, wo es Meer gibt.   ;-)
In diesem Fall war es Öland (Schweden), 1982

Im betrachtenswert-Blog finden Sie vereinzelte Analogmotive in der Rubrik  Alte Schätze

Quick & Dirty Lösung für Sparsame
Wenn Sie weder Lust noch Zeit haben, alte Fotos mühevoll einzuscannen, dann nehmen Sie Ihre Digitalkamera zur Hand, zur Not tut's auch das Smartphone. Fotografieren Sie die Bilder einfach ab. Achten Sie dabei darauf, dass die Orginale plan aufliegen und gut beleuchtet sind, damit Sie Ihr Bild vom Bild nicht verwackeln. Problematisch bei dieser Methode sind Schattenwürfe und Spiegelungen auf Hochglanzabzügen. Da  muss man mit der Beleuchtung kreativ werden. 
Wenn es nicht funktioniert: Die meisten modernen Drucker sind sehr preiswert und sogenannte Multifunktionsgeräte. Das heißt sie haben auch einen integrierten Flachbettscanner, mit dem man alte Fotoalben oder Fotoabzüge relativ gut digitalisieren kann. Mir hat auch schon mal jemand erzählt, dass er alte Super-8-Filme mit dem Smartphone abgefilmt hat. Solange das Abspielgerät zu den Filmrollen noch vorhanden ist und noch funktioniert, ist das eine recht pragmatische Lösung. Projizierte Dias von einer Leinwand abfotografieren geht notfalls auch. Man darf qualitativ keine Wunder erwarten, aber es spart eine Menge Zeit und Geld. 

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