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Donnerstag, 2. April 2020

Licht hat viele Farben


Urlaub am Meer wäre jetzt echt schön, aber wir sitzen ja alle brav zuhause. Darum habe ich mir für den heutigen Blogartikel ein Motiv aus dem Jahr 1999 herausgesucht. Ich möchte Ihnen gerne zeigen, was Licht, Farbe und extreme Helligkeitskontraste für Ihre Fotos bedeuten, egal ob Sie die Aufnahmen mit einer Digitalkamera machen oder analoge Bilder bearbeiten. Sind Sie bereit?
Bei der Aufnahme am Strand von La Gomera wollte ich die Steinmännchen in den Vordergrund rücken. Leider standen diese bereits im Schatten. Die hell angestrahlten roten Felsen im Hintergrund, das Meer und der Nachmittagshimmel nehmen knapp 50% der Bildfläche ein. Die Belichtungsmessung sagt: Es ist hell, mach ich kurze Belichtung. Das Dia sah folglich erst mal so aus:


Meer und Felsen sind korrekt belichtet, der Vordergrund ist viel zu dunkel und hat außerdem einen leichten Blaustich. Diese Farbverschiebung ist dem "Tageslichtfilm" geschuldet, wie das damals hieß. In Digitalsprache übersetzt: Der Weißabgleich ist auf Sonne eingestellt, schattige Bildpartien erscheinen bläulich. Würde man in so einer Situation den Weißabgleich auf Schatten einstellen, wären die Steine farbneutral oder warmtöniger, aber dann hätte die Landschaft im Hintergrund einen Farbstich, sie würde viel zu orange erscheinen.

1. Tipp für die Digitalaufnahme in solchen Situationen
  • Schärfe: Stellen Sie auf den richtigen Punkt scharf (Steinmännchen). 
  • Belichtung: Aktivieren Sie Funktionen zur Kontrastanpassung, nutzen Sie die Belichtungskorrektur oder einen Aufhellblitz für den Vordergrund. (siehe Artikel Lichtstimmungen kreativ nutzen hier im Blog)
  • Farben: Achten Sie am Monitor/im Sucher auf die Farbbalance von Vorder- und Hintergrund. Passen Sie bei JPEG-Dateien den Weißabgleich so an, dass Sie mit dem Bildergebnis zufrieden sind. Die Einstellung über den Kelvin-Wert (K) erlaubt eine sehr feine Abstufung während der Aufnahme.
  • Wenn Sie RAW-Dateien fotografieren, können Sie das Problem ignorieren, weil Sie die Farben nachträglich sehr leicht und fein nuanciert steuern können. Auch Belichtungsfehler sind einfacher zu korrigieren, solange es keine starken Überbelichtungen gibt.
Weil das hier ein gescanntes Bild ist, probiere ich es zuerst mit dem Regler für den Weißabgleich. Ohne dass ich an Helligkeit oder am Kontrast etwas geändert hätte, wird das Bild insgesamt heller. Sie sehen aber auch: Das sieht nicht aus. Das Motiv ist zu gelbstichig und wirkt altbacken. Für einen frischen, modernen Look müssen andere Methoden her.

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2. Tipps für die Bearbeitung

Schritt 1: Grundeinstellungen ausreizen

Auch wenn Sie nicht mit Lightroom arbeiten, finden Sie vergleichbare Funktionen in nahezu jedem guten Bearbeitungsprogramm!
Eine automatische Tonwertkorrektur ist meistens eine gute Grundlage für das weitere Feintuning. In meinem Fall wurde nur der Hintergrund dunkler, das Motiv kam nach der Auto-Korrektur unterbelichtet daher. Deshalb habe ich die Regler manuell nachgezogen und dabei eine starke Tiefen/Lichter-Korrektur angewendet. Die Farben wurden bereits durch die (automatisch) gesteigerte Dynamik extrem bunt, der Blaustich im Vordergrund ist jetzt geradezu  dramatisch. Manchmal wird es schlimmer, bevor es besser werden kann. Nicht verzagen!


Schritt 2: Individuelle Farbkorrektur des Vordergrunds
Wie bekommt man jetzt den immer noch zu dunklen und farbstichigen Vordergrund ordentlich hin? Da gibt es verschiedene Lösungswege: Man kann diesen Bereich mit dem Korrekturpinsel markieren und dann entsprechende Anpassungen vornehmen (Helligkeit, Sättigung). Weil man hier aber nicht auf einzelne Farben zugreifen kann, habe ich mich zunächst für die Farbkorrektur entschieden. Die wirkt sich wiederum auf das gesamte Motiv aus.
Das Reduzieren der Sättigung von Blau und Aquamarin macht die Steine so grau, wie sie in Wirklichkeit waren, es entfernt aber auch die Blautöne aus dem Himmel und dem Meer. 


Schritt 3: Individuelle Bereichskorrektur des Hintergrunds
Jetzt kommt der Korrekturpinsel zum Einsatz. Damit maskiere ich den Himmel (Pinseleinstellung geringe Dichte), dann das Meer mit etwas mehr Dichte. Um zu sehen, wo der Pinsel das Bild überdeckt, aktiviere ich die Option Überlagerung für ausgewählte Maske anzeigen (rote Bereiche). Bei diesen Bereichen verstärke ich die Sättigung und ziehe den Regler für die Farbtemperatur ganz nach links (Blautöne verstärken).


Das sieht schon besser aus, könnte im Vordergrund aber immer noch etwas heller sein.


Schritt 4: Feintuning von Helligkeit und Farben

Für das Feintuning kann man jetzt noch einmal zu den Grundeinstellungen wechseln (Schritt 1) oder mit der Gradationskurve nachsteuern.
Auch mit einem Verlaufsfilter ließe sich der Vordergrund hier selektiv aufhellen und gegebenenfalls gleich nachschärfen.

Bei allen Veränderungen von Helligkeit und Kontrast ziehen die Farben wieder leicht mit. Das gilt auch für die Regler im Abschnitt Präsenz (Struktur, Klarheit, Dunst entfernen). 
Wie intensiv die Farben am Ende werden sollen, legt man über die Regler für Dynamik und Sättigung fest. 

Zum Abschluss gehören das Schärfen und die Rauschreduzierung bei meinen gescannten Dias zum Standard.

Übrigens: Die Staubfussel hatte ich vorher schon mit dem Reparaturpinsel wegretuschiert.

So wird jeder Urlaub zu einem intensiven Vergnügen, auch zwanzig Jahre später. Hören Sie auch das Meer rauschen? 😏

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