Dieser Frage bin ich unlängst in Dr. Martina Mettmers Buch "Wie man ein großartiger Fotograf wird" begegnet. Und ich muss zugeben: das hat mich beschäftigt.
Nein, natürlich nicht. Musik kann man nicht sehen.
Aber wie ist das mit Lärm oder Geräusch?
Heute bin ich über einen Begriff gestolpert, der mich so unglaublich fasziniert, dass ich ihn immer wieder aufsagen muss. Nein, lesen reicht nicht. Bitte sprechen Sie ihn aus, ich bin sicher, Sie werden auch Ihren Spaß daran haben:
VISUAL NOISE
Schönes Wortpaar! Ausgesprochen wird es etwa so: WISCHUELL NEUHS. Betonen Sie WISCHUELL auf der ersten Silbe mit einem kurzen i und für eine korrekte Aussprache muss das LL leicht mit der Zunge nach hinten gerollt werden: WÍschue(h)ll Neuhs.
So ein Quatsch, werden Sie jetzt bestimmt denken, aber: bitte nicht so voreilig.
Wenn Sie ein großartiger Fotograf werden möchten, dann müssen Sie zwar keine großartige Kamera kaufen, aber wenn Sie Fachzeitschriften lesen, lohnt es sich immer, ein paar Fachbegriffe zu kennen.
Wischuell Neuhs sollte ab jetzt Ihren Wortschatz erweitern und bereichern. Es handelt sich um eine Maßeinheit für ein neues Testverfahren, bei dem das Rauschverhalten von Kamerasensoren unter die Lupe genommen wird.
Der englische Fachbegriff für das seltsam anmutende deutsche Wort "Bildrauschen" lautet "Noise". Noise/Bildrauschen bezeichnet unschöne winzige Farbflecken im Digitalbild, die vor allem im Zusammenhang mit wenig Licht und hohen ISO-Werten auftreten. Wenn man sich eine neue Kamera kauft, tut man gut daran, sich die "Rauschwerte" oder das "Rauschverhalten" einer Kamera anzuschauen. Je niedriger die Messwerte, desto besser, weil das Foto weniger grieslig aussieht.
"Das revolutionäre Visual-Noise-Verfahren" ermöglicht es nicht nur, das Rauschen an sich als abstrakten Laborwert zu messen, sondern berücksichtigt dabei erstmals, als wie störend das Rauschen bei der visuellen Betrachtung eines Fotos denn tatsächlich empfunden wird."
Das ist toll. Ich begrüße (!wirklich! ohne Häme) die Erkenntnis, dass rein technisch gemessene Laborwerte in der Praxis vielleicht gar nicht so relevant sind, und dass es viel mehr darauf ankommt, ob man einen Effekt im Bild subjektiv störend findet oder nicht. Aber es tun sich mir zwei Fragen auf: erstens - gibt es neben der visuellen auch eine akustische Betrachtung eines Fotos? Und zweitens: woher wissen die im Testlabor, wie stark MICH das Rauschen stört?
Über die Sinnhaftigkeit von Kameratests kann man lange boshafte Glossen schreiben. Die Redakteure der Fachzeitschriften sind auch nur Menschen und machen ihre Arbeit - meistens auch sehr gut. Aber muss ich deshalb jetzt in meinen Kursen auch noch so dämliche Begriffe wie "wischuell neuhs" lallen? Wenn ich nicht aufpasse und undeutlich spreche, dann denken die Teilnehmer vielleicht, mit Rauschverhalten wären die Trinkgewohnheiten ihrer Kursleiterin gemeint?! Ups. Da gehe ich vorher vielleicht doch zu Dr. Higgins und nehme, wie die gute Eliza Doolittle, ein wenig Sprachunterricht: Flasche auf, den Korken zwischen den Zähnen einklemmen und üben: wischuell neuhs?
Mit "My Fair Lady" sind wir nun doch wieder bei der Musik gelandet. Ich fasse zusammen:
Wenn man Musik nicht sehen, den subjektiven Noise (Lärm), den meine Augen wahrnehmen, aber auf einem Kamerasensor messen kann, dann... kommt bestimmt beizeiten auch eine Kamera auf den Markt, mit der ich visuelle Musik akustisch aufzeichnen kann. Ich kauf so ein Gerät aber nur, wenn es auch eine eingebaute HDRI-Funktion für extreme Tonwertspreizungen hat, mir in einem Histogramm genau anzeigt, wie sich die Töne auf einer Skala von 0-255 verteilen - und wenn sie eine automatische Melodie-Erkennung hat, bei der ich im Display den Titel des Musikstücks eingeblendet bekomme.
Wenn man gleichzeitig damit auch noch twittern kann... vielleicht sollte Apple anfangen, das alles in die iPhones einzubauen...? 😉
Martin hat mich auf folgenden Artikel aufmerksam gemacht:
AntwortenLöschenWenn Geräusche sichtbar werden
Eine Kamera von Gerd Heinz
http://www.tagesspiegel.de/zeitung/Sonderthemen;art893,2266290