Anstatt sich zurückzulehnen, reist Günter Spitzing jedes Jahr nach Indien, um selbst bei den Menschen zu sein, für die er sich einsetzt. Seine alte Leidenschaft - die Fotografie - nutzt er dabei weiter.
Sie engagieren sich heute sehr für indigene Völker (Irular, unbekanntes Naturvolk in Südindien) und verbringen jedes Jahr einige Zeit mit den Menschen dort. Ihr Verein „Zukunft Irular e.V.“ bekämpft nicht nur den Hunger, sondern bietet den Kindern der Irular eine gute Ausbildung, die ihnen echte Zukunftschancen eröffnet. Auf Ihrer Homepage findet man dazu sehr viele Informationen (Link)
Viele Menschen sind bereit Geld für alle möglichen Dinge zu spenden – warum sollte jemand Ihren Verein unterstützen und nicht große Organisationen wie das Rote Kreuz, Ärzte ohne Grenzen oder Ähnliche?
GS: Ich will nicht sagen, dass man nicht für „Ärzte ohne Grenzen“ spenden sollen. Sicherlich es gibt auch schwarzen Schafe unter den Organisationen, aber es ist nicht meine Aufgabe, die hier zu nennen. Wir müssen versuchen mit den Eifersüchteleien unter den Hilfsorganisationen Schluss zu machen. Es gibt übrigens auch Organisationen mit denen wir exzellent zusammenarbeiten. Die von Ihnen genannten Organisationen arbeiten übrigens eher in der Katastrophenhilfe, was natürlich sehr notwendig ist. Wir arbeiten auf dem Felde der nachhaltigen Langzeitunterstützung, also der eigentlichen Entwicklungszusammenarbeit.
Hier die Gründe, warum auch die „Zukunft-Irular e.V.“ Aufmerksamkeit und Unterstützung verdient:
- Wir wollen verhindern, dass eines der übriggebliebenen naturnah lebenden Völker auch noch physisch und kulturell ausgerottet wird. Die Irular gehören zu den bedrohten Völkern, von denen schon eine ganze Menge verschwunden sind. Was da die Westmenschen angestellt haben und leider zum Teil auch noch heute anstellen ist grauenvoll.
- Wir kennen heute Biotope um bedrohte Pflanzen und Tiere zu schützen. Aber wir brauchen auch Anthropotope um bedrohte Völker und ihre Kulturen zu schützen. Wir kümmern uns auch um den Erhalt der Kultur, in der die Ureinwohner ihre geistige Heimat haben. Und gerade das ist leider immer noch keine Selbstverständlichkeit.
- Wir helfen vorzugsweise Kinder und Frauen. Die Kinder brauchen eine schulische Ausbildung (die sie in der Regele bisher nicht hatten) um in ihrer veränderten Umwelt bestehen zu können. Die Erwachsenen benötigen eine Ausbildung in handwerklichen Fertigungsmethoden um Einkommen zu erhalten, die sie vor dem Hunger bewahren.
- Wir begegnen unseren Ureinwohnern auf Augenhöhe. Das zeigt sich auch darin, dass unsere Partnerorganisation in Indien heute keine Betreuungsorganisation mehr ist, sondern eine Selbsthilfegruppe von Irular Frauen, die übrigens sehr aktiv sind.
- Wir untersuchen auch die Kultur der Irular und erkunden, was wir, die Westler von ihnen lernen können. Das ist eine ganze Menge.
Zwischen mir und den Irular, mit denen ich zu tun habe, hat sich eine enge Freundschaft herausgebildet. Was könnte aber schöner sein als ein gutes, ja inniges Verhältnis zu Menschen, die als Jäger und Sammler aus einer ganz andern Welt kommen.
Natürlich gibt es kulturelle Unterschiede. In grundlegenden und grundsätzlichen Fragen, wie Zuneigung, Freundschaft. Gastfreundlichkeit, Heiterkeit reagieren wir alle aber sehr ähnlich.
Ich begrüße es aber, dass es auch Unterschiede gibt. Die sind immer spannend und informativ. Warum interessieren wir uns den für fremde Ethnien? Doch besonders deshalb weil wir andere Kulturen und Lebensarten als spannend und reizvoll empfinden. Das bezeugen doch schon die vielen Abenteueroman und Erzählungen.
Bei den Ureinwohnern habe ich gelernt,
- dass man nicht nur immer auf das Morgen schaut, sondern auch im Jetzt und heute leben kann. Offensichtlich ist ein glückliches Leben vor allem dann möglich, wenn man in der Gegenwart lebt.
- dass man sich das eigene Ich sich nicht immer nur als abgetrennt von allem anderen empfinden kann, sondern sich auch als Einheit mit anderen Menschen empfinden kann, auch mit anderen Lebewesen, mit Bergen und Meer, Sonne, Mond und Sternen. Diese Haltung würde, wenn sie sich bei uns durchsetzte, bewirken, dass wir den Motor unserer gefährlichen Wachstumswirtschaft, das Konkurrenzstreben, praktisch außer Kraft setzten und einen Anreiz erhielten um eine neue humanere Wirtschaftsordnung aufzubauen.
Ich bemühe mich innerlich umzustellen, zu lernen in der Gegenwart zu leben und die Gemeinsamkeit alles Seienden zu verspüren. Einfach ist das nicht, aber notwendig.
Die Interviews im Überblick:
- Wer ist eigentlich ... Günter Spitzing?
- So fing alles an
- Wie die Fotografie zum Beruf wurde
- Wie wird man Fachbuchautor?
- Von analog bis digital - Der grassierende Selfie-Wahn
- Das dritte Leben des Günter Spitzing
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