Es war wieder einmal der Oli, der mich neulich auf "Keegan, den Fotocoach" aufmerksam machte. Jetzt schnallen Sie sich gut an: Keegan ist eine künstliche Intelligenz.
Geschaffen wurde dieses Programm von Regaind, einem Startup-Unternehmen, das sich auf die automatische Bildanalyse spezialisiert hat. Gefüttert wurde der Algorithmus mit Informationen und Bildbewertungen von professionellen Fotografen.
Keegan ist in der Lage, die Stärken und Schwächen der hochgeladenen Bilder in Sekundenschnelle zu analysieren. Seine Bewertung wird in Form eines kurzen Textes und einem Zahlenwert von eins bis zehn dargestellt. Ein gutes Bild erhält 5/10 Punkte, für ein sehr gutes Foto bekommt man 7/10, und wenn man 9/10 angezeigt bekommt, darf man sich darüber freuen, dass man ein außergewöhnliches Foto hochgeladen hat. 10/10 bekommt fast niemand.
Wer sich zum ersten Mal an einem klassischen Fotowettbewerb beteiligt, dem ist dieser kostenlose Fotocoach durchaus zu empfehlen. Ich habe ihn getestet und war mehr als baff, denn er schreibt zusammenhängende, sinnvolle Sätze - bisher nur auf Englisch.
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Die hochgeladenen Fotos werden nicht öffentlich gezeigt, es sei denn, Sie teilen Ihr Ergebnis mit anderen, indem Sie auf einen der Buttons für Twitter oder Facebook klicken. Alternativ können Sie den Link zum Bild per Mail verschicken oder in die Zwischenablage kopieren. Unverbindlich testen ist also jederzeit möglich. Dass Keegan diese Bilder benutzt, um sich "weiterzuentwickeln", ist natürlich klar. Sie haben übrigens auch die Möglichkeit, Keegan selbst ein Feedback zu geben, sprich: wenn Sie mit seiner Bewertung unzufrieden sind, zahlen Sie es ihm heim. Ich bin sicher, dass er darauf eine Antwort gibt. Ausprobiert habe ich das noch nicht, mache ich aber noch.
Keegan mag Porträts, so viel habe ich schon gelernt. Wenn man auf den Button "Get more feedback" klickt, bekommt man eine genauere Analyse in einer Balkengrafik.
Je nach Motiv werden unterschiedliche Aspekte bewertet: Bildaufteilung, Gestaltung, Schärfe, Schärfentiefe(eindruck), Hintergrund, Farben, Licht, der richtige Moment und natürlich auch, ob das Motiv interessant ist. Nun ja, alles Ansichtssache, oder? 😉
Für eine solide Beurteilung des fotografischen Könnens will Keegan zunächst zehn Fotos sehen. Die Auflösung der Dateien muss nicht hoch sein, selbst 800 Pixel (längere Seitenkante) akzeptiert er klaglos. Sie sollten nur darauf achten, dass die Fotos nach dem Verkleinern keine Artefakte aufweisen oder unnötig unscharf werden.
Sind zehn Fotos analysiert, gelangt man auf eine Übersichtsseite, die Auskunft darüber gibt, welche Trophäen (Ribbons) man schon bekommen hat, oder sich noch verdienen kann. Hier ist es von Vorteil, wenn man etwas besser Englisch kann, und die fotografischen Fachbegriffe versteht. Sobald man mit der Maus über die Fragezeichen fährt, erscheinen Erläuterungen.
Beim "Blur ribbon" geht es beispielsweise um den Einsatz von selektiver Schärfe. Bilder, bei denen Sie Ihr Motiv mit Offenblende vom Hintergrund lösen und vielleicht auch noch ein Objektiv verwenden, das ein tolles Bokeh liefert, können Sie in dieser Sparte punkten.
Die "Scores" (Ergebnis) Tabelle wiederum versteht man sofort. Aber keine Bange: Es gibt sogar eine Trophäe für das schlechteste Bild.
Bei zwanzig Bildern liefert Keegan eine Analyse der Stärken und Schwächen, sodass Sie sich mehr von den Motiven oder Techniken vornehmen können, die Sie noch nicht so gut beherrschen.
Das temporär erzeugte Profil kann man speichern und wieder aufrufen, um später noch mehr Fotos hochzuladen. Dazu muss man sich allerdings mit einer E-Mail Adresse registrieren. Zwei Tage später kommen dann (leider) Werbemails von Keegan, die man mit dem Link Unsubscribe wieder abbestellen kann. Sicherheitshalber würde ich trotzdem eine temporäre Mailadresse verwenden, die man später wieder über Bord werfen kann.
Fazit: Keegan orientiert sich an klassischen Kriterien und gibt hohe Bewertungen für Bilder, wie man sie üblicherweise kennt: typische Hochglanz-, Kalender-, Postkarten- und Wettbewerbsmotive. Um das fotografische Handwerkszeug zu lernen, ist das Feedback definitiv wertvoll. Geben Sie Keegan aber keine Erinnerungsfotos. Künstlerische, dokumentarische und persönliche Fotografie fällt auch schnell durch, wenn das Mainstream-Raster angewendet wird.
Mir hat die Begegnung mit Keegan gezeigt, dass auch der Beruf des "Fotodozenten" in absehbarer Zukunft von Maschinen übernommen werden kann. Das ist für die Neuausrichtung meiner beruflichen Laufbahn von großer Bedeutung. Als Trost bleibt mir, zumindest momentan, dass ich als Mensch aktuell noch stärker differenzieren, und beim Feedback individuell auf Personen eingehen kann. Bei der rasanten Entwicklung der künstlichen Intelligenz ist dieser Vorsprung aber auch nur eine Frage der Zeit.
Die Funktion per Messenger mit Keegan zu kommunizieren, habe ich nicht ausprobiert.
Wenn Sie diese künstliche Intelligenz jetzt selbst kennenlernen wollen, dann klicken Sie hier. Berichten Sie mir von Ihren Erfahrungen!
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Nachtrag
Was so toll funktioniert hat und kostenlos war, ist nach einem halben Jahr spurlos aus dem Netz verschwunden. Wahrscheinlich entsteht nach der erfolgreichen Testphase eine neue Dienstleistung - gegen Bezahlung.
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