Im zweiten Teil des Interviews mit Hermann Ludwig, dem Macher von www.kunstlinks.de wird es anfangs ein bisschen technisch, aber das hat einen guten Grund. Als ich die Seiten zum ersten Mal besuchte, war ich erstaunt, ein Seitendesign vorzufinden, das mich an die Neunzigerjahre erinnerte. Das traut sich heute fast keiner mehr. Das moderne Web ist glatt und geschniegelt, fürs Smartphone und für Suchmaschinen optimiert.
FN: Wenn man die Seite kunstlinks.de aufruft, sieht man, dass es dort noch eine Menge mehr zu entdecken gibt. Das Seitendesign hat den Wandel der Internettechnologie nicht mitgemacht: warum?
HL: Die Technik hinter den Kunstlinks beruht auf einer Pearl-Programmierung, die war damals eher gebräuchlich als etwa heute PHP. Dadurch werden die Seitenaufrufe, die Suche und die Sortierung generiert. Mich interessieren dabei die Inhalte und dass sie erreichbar und lesbar sind. Beim Design habe ich eigentlich kein großes Geschick, verfolge aber die Philosophie, dass es im Sinne der Usability (Benutzerfreundlichkeit) förderlich ist, wenn das Erscheinungsbild stabil bleibt. Das ist eben eine alte Seite wie English Antique und zeigt das auch, die ist dann aber auch im Umgang vertraut.
Ich könnte die Programmierung auch ändern, so dass sie ein Design ausgibt, das wie WordPress aussieht, ohne es zu sein. Wie albern wäre das denn? Erst haben früher alle Seiten nach Netscape ausgesehen, dann hat es von animierten GIFs gewimmelt, dann kamen die Content Management Systeme und heute sieht alles aus wie Joomla oder WordPress, nur unterschieden durch jeweils eigene Bilder und die ach so individuelle Farbgebung. Es heißt zwar, dass das Netz nichts vergisst, tatsächlich ist das Internet aber groß darin, permanent Inhalte zu vernichten, und zwar meist wegen eines Re-Designs. Ganz schlimm bei Schul-Homepages, wo eine immer wieder neue Crew das alte Geraffel weghaut, um zeitgemäßer zu wirken. Wenn ich in den Kunstlinks auf Ergebnisse des schulischen Kunstunterrichts verlinke sterben mir die Links regelmäßig.
FN: Mehrfache Re-Designs haben auch meinen ersten Internetauftritt
komplett gekillt. Die Seite war damals sehr gut besucht, 2013 hatte ich
keine Zeit mehr, alles auf den neuesten Stand zu bringen und das war's
dann. Das kann ich also nur bestätigen, leider.
HL: Während ich das schreibe, fällt mir auf: Vor zwei Wochen habe ich mir ein altes Auto gekauft, das auch 99er Baujahr ist – also exakt so alt wie die Kunstlinks. Warum? Weil es schöner und eigener ist als die stereotype Masse der Neuwagen. So was wie Charakter.
Bei den Fernsehtipps ändere ich auch bewusst nichts am Seitenaufbau, weil wohl mittlerweile jeder Benutzer und Besucher seinen eigenen Umgang damit gefunden hat, wie er sie durchsucht, wie er Sendungen herauskopiert (deswegen auch jeder Eintrag mit Datum und Uhrzeit) oder löscht. Das soll ihm erhalten bleiben. Neuerungen gibt es bei den Kunstlinks selbst eher in der Technik. So etwa im „Meine Seite“-Mechanismus, wo man sich seine eigene persönliche Zusammenstellung aus dem Gesamtangebot sammeln kann, wo man also alles wiederfinden kann, was man mal entdeckt hat.
FN: Das Internet hat unser Leben seit 1999 generell stark verändert. Damals saßen wir mit Modems vor Röhrenbildschirmen, heute hat fast jeder ein internetfähiges Smartphone in der Jackentasche. Was bedeutet das für ein Projekt wie die Kunstlinks?
HL: Nun ja, eigentlich sollten die Seiten heutzutage mit einem responsiven Design aufgebaut sein, um auf Tablets oder Smartphones optimiert erscheinen zu können. Wie oben schon erwähnt werden meine Seiten von einem Pearl-Programm ausgeworfen. Das wäre schon ein ziemlicher Aufwand, diese Geschichte skalierbar zu gestalten. Pech für mich und für das Google-Ranking. Die Fernsehtipps kann man noch gerade so benutzen, obwohl ein Smartphone eigentlich danach verlangt, dass es in den Fernsehtipps Sprungadressen zu bestimmten Tagen (oder „Heute“) gäbe.
HL: Für Schüler ist Schule immer aufregend, so oder so. Vieles erfahren oder tun sie das erste Mal im Leben. Mittlerweile bin ich ja seit gut einem Jahr in Pension und genieße das sehr. Während meiner gesamten aktiven Zeit hatte ich das Glück, dass alle meine Schüler wirklich nett zu mir waren. Als Kunstlehrer regiert man ja in seinem eigenen kleinen Reich in der Schule, so dass meine Erfahrungen nicht für die Schule oder gar für die Gesellschaft verallgemeinerbar sind. Auf dieser glücklichen Insel sind wir stets offen miteinander umgegangen, und vor allem aus den Leistungskursen sind sehr viele Schüler und Schülerinnen in künstlerische oder mediale Berufe weiter gegangen. In dem breiten Spektrum des Kunstunterrichts findet eigentlich fast jeder ein Eckchen, in dem er sich wohl fühlt.
Medienkompetenz
ist ein Begriff, der heute wichtiger ist denn je. Wie erlebst Du diese
„Medienkompetenz“ in deinem beruflichen Alltag als Lehrer und als
Privatperson?
HL: Das
ist ein Mega-Thema, in der Schule und außerhalb, dass ich hier kaum
ausschöpfend darauf antworten kann. Nur so viel: mein Bestreben war
stets, dass aus reinen Medien-Konsumenten selbst Gestalter wurden. Wenn
man mal selbst eine Webseite angelegt hat, eine App programmiert hat,
einige der vielzähligen Möglichkeiten in der Bildbearbeitung ausprobiert
hat, sein Video gefilmt und geschnitten hat, seinen Text wirkungsvoll
gelayoutet hat, dann durchschaut man auch die Tricks und Effekte, denen
man ausgesetzt ist. Daher finde ich den kreativen Umgang mit den Medien
im Kunstunterricht so eminent wichtig.
FN: Welche Rolle spielen die digitalen Medien im Kunstunterricht heute?
Wie siehst Du die Ausstattung der Schulen mit modernen Unterrichtsmedien und die allgemeine LehrerInnenkompetenz im Angesicht von Smartphones / der Generation der Digital Natives?
Wie siehst Du die Ausstattung der Schulen mit modernen Unterrichtsmedien und die allgemeine LehrerInnenkompetenz im Angesicht von Smartphones / der Generation der Digital Natives?
HL: Einerseits gibt es wahnsinnige Chancen, was man im Kunstunterricht alles machen, andererseits ist es ein Trauerspiel, wie beharrlich die Verweigerungshaltung unter Kollegen verbreitet ist, die das traditionelle Künstlertum angegriffen fühlen. Zudem gibt es ein umfassendes Niederhalten durch die Kultuspolitik der Länder (gerade hier in Bayern), die zwar Digitalisierung irgendwie wollen, weil das im Berufsleben gefordert wird, die aber die Freizügigkeit im Umgang mit dem Netz aus den unterschiedlichsten Gründen fürchten. In den Schulen gibt es lauter kastrierte Netzzugänge, YouTube wird geblockt und Handys werden verboten, weil da böse Sachen gesehen werden könnten. Das ist einem kreativen Umgang nicht gerade förderlich.
Im Schulnetz wird auch die Software uniformiert, die kauft man als Paket bei einem Anbieter, damit die Systemadministratoren die Mühe mit Installation und Pflege nicht mehr haben. In diesen Paketen ist natürlich keine Spezialsoftware vorgesehen, wie man sie im Kunstunterricht brauchen würde. Deswegen hatte ich mein eigenes Netz aufgebaut, mit einem eigenen Zugang und mit eigener Softwareanschaffung, zusätzlich natürlich die kostenlosen Angebote wie Blender, SketchUp und GIMP installiert, die den Vorteil haben, dass die Schüler diese auch zu Hause nutzen können. Zu Beginn des digitalen Zeitalters war das vielleicht sogar spannend, mit den damals Neuen Medien zu arbeiten, heute finde ich es gut, wenn man sich das jeweils passende Medium aussuchen kann, digital oder analog oder auch gemischt.
FN: Nachdem Du inzwischen im Ruhestand bist: Bleibt Dir persönlich jetzt mehr Zeit, um künstlerisch tätig zu sein? Wenn ja: welche Kunstform ist Deine liebste? Malerei, Zeichnen, Musik, …?
HL: Meine künstlerischen Arbeiten habe ich sehr zeitaufwändig mit Bleistiften und Buntstiften auf großen Formaten gemacht, so dass sehr schnell klar wurde, dass ich nie den Ausstoß erbringen könnte, der für eine Künstlerkarriere nötig wäre.
FN: Ein paar davon hast Du uns hier zur Verfügung gestellt - vielen Dank dafür!
HL: Eine sehr schöne Zeit habe ich als Mitglied einer Band erlebt, bis diese sich dann leider aufgelöst hat. Danach war ich musikalisch alleine mit meinem Kurzweil und dem Computer beschäftigt.
Dabei konnte ich eine lokale Jugendinitiative (www.subkultur-ffb.de) mit begründen, die die musikalische Szene im Landkreis mittlerweile in einem denkmalgeschützten Schlachthof (www.alter-schlachthof-ffb.de) unterstützt, womit ich wieder beim Denkmalschutz gelandet war, etc… und wo wieder viele meiner Schüler engagiert sind, etc…
FN: Und damit schließt sich der Kreis. Vielleicht gibt es ja den einen oder anderen Leser, der mal im Fürstenfeldbrucker Schlachthof vorbeischaut, oder sogar eine Ausstellung? Ich würde mich freuen, wenn ich davon erführe. Herzlichen Dank für das ausführliche und tiefgründige Interview!
Den ersten Teil des Interviews finden Sie hier.
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