Im November hatte ich begonnen, mich mit Günter Spitzing auszutauschen. Es wird allerhöchste Zeit, dieses Gespräch fortzusetzen. In der heutigen Folge der Interviewserie erzählt er, wie seine Autorenkarriere begann, wohin sie führte und was ihn schließlich dazu brachte, sich mit anderen Themen zu beschäftigen.
1965 erschien Ihr erstes Fachbuch: "Wir Filmen farbig" (Dr. Diener KG, Neumünster). Wie bekamen Sie
diesen Auftrag bzw. die Möglichkeit, so ein Buch zu veröffentlichen? Haben Sie bewusst eine Karriere als Fotofachbuchautor angestrebt oder sind Sie da mehr
oder weniger hineingewachsen?
GS:
Ich
bin damals schon frühzeitig bei einigen Verlagen hausieren gegangen um ein
Buchprojekt durchführen zu können. Doch das hat zunächst nichts gebracht. Viele
Themen waren durch andere Autoren abgedeckt. Ich konnte die Verleger nicht
überzeugen, dass eine andere Konzeption auch Chancen hat. Dann kam 1964
unerwartet der Werbeleiter von Leitz, Wetzlar, Andreas Jäckel auf mich zu und
erbat ein Manuskript für einen Artikel über die Filmkamera Leicina. Ich
lieferte es und dann sagte man mir, ich solle doch besser ein Buch machen und
zwar als Pedant zu Walther Bensers Wir fotografieren farbig. Mit dem
Erscheinen des Buches 1965 habe ich mich als freier Autor selbständig gemacht. Mein
erstes Buch geriet in die Umstellung vom Doppelacht- zum Superachtfilm und
wurde daher kein großer Erfolg. Aber sein Erscheinen hat ausgelöst, dass sich andere
Verlage plötzlich für meine Arbeit interessierten. Insofern ist das Buch
tatsächlich zu Ausgangspunkt für Mein Fotoliteratur-Schaffen geworden.
Bamberg: Michelsberg im Abendlicht (1960) |
In den darauf folgenden zwanzig Jahren haben Sie viele Fotofachbücher geschrieben, u.a. das erste
Foto-Kinderbuch, das erste Practical Comic (Vergrößerungspraxis), sowie das
erste deutschsprachige Buch über Fotopsychologie, das bis heute erhältlich ist
(Amazon) Worauf sind Sie besonders stolz?
GS:
Auf die Bücher Grenzbereiche dar Fotografie – Infrarot, Ultraviolett, Polarisation (Heering
1968) und Fotopsychologie (Beltz 1985). Weiterhin, dass ich die erste Paperback
Fotobuchreihe („Information foto") angeregt und inhaltlich
festgelegt habe: Telegramm-Informationen, die den Inhalt jedes Kapitels kurz
zusammenfassen, erlauben das Kapitel selbst etwas ausschweifender und erzählend
zu halten und spannend zu gestalten.
Von den Titeln scheinen mir Porträtfotos
– gewusst wie? und Das verrückte Fotobuch besonders originell zu sein (DR.
Diener K.G., später Latern Magica).
Das eine oder andere
Buch über Fotografie erschien in einer oder mehreren Übersetzungen. Es gibt Bücher von mir in insgesamt 11
Sprachen (was für einen deutschsprachigen Autor mehr als beachtlich ist! Anm. der Fotonanny)
Wie
wichtig ist Ihnen im Rückblick Ihre große Anzahl an veröffentlichten Fotofachbüchern?
GS:
Die Beschäftigung mit Fotobüchern hat mich hin geführt zur Wahrnehmungspsychologie, die gerade auch für meine heutigen Tätigkeiten sehr wichtig ist.
Die Beschäftigung mit Fotobüchern hat mich hin geführt zur Wahrnehmungspsychologie, die gerade auch für meine heutigen Tätigkeiten sehr wichtig ist.
Außerdem denke ich, dass es schon sinnvoll ist Menschen anzuregen zu
gestalten. Und das passiert, mit unterschiedlicher Kompetenz natürlich, wenn
ich vom Knipsen zum bewussten Komponieren von Bildern übergehe.
Was hätten Sie in Ihrer Zeit als Fachbuchautor lieber nicht gemacht, welches Projekt konkret, oder welche Weichenstellung generell? Was war gut,
was war schlecht in dieser Zeit?
GS:
Ich hatte ein paar Kamerabücher geschrieben. Von Verlagen wurde mir angetragen noch mehr Bücher über bestimmte neue Apparate zu schreiben. Das habe ich abgelehnt. Ich wollte Sachen schreiben, die mich interessierten und nicht der Langweile verfallen.
Ich hatte ein paar Kamerabücher geschrieben. Von Verlagen wurde mir angetragen noch mehr Bücher über bestimmte neue Apparate zu schreiben. Das habe ich abgelehnt. Ich wollte Sachen schreiben, die mich interessierten und nicht der Langweile verfallen.
Das Leben war es sicher nicht, aber erschien damals unkomplizierter. Umweltzerstörung
war noch kein ernsthaftes Thema. Man nahm an, alles würde ständig besser Eine
Illusion, die aufgeben werden muss. Aber nach 1945 war eben alles ganz
wesentlich besser als zuvor. Das gilt auch heute noch.
Laut Wikipedia ist Ihr letztes Buch zur Fotografie 1998 erschienen: Vergrößern Schwarzweiß - mit
Computerverarbeitung. Als die Fotografie digital wurde, hatten Sie sich
bereits von Ihrer Fotofachbuchkarriere gelöst. Wie kam es dazu?
GS:
In den Jahren nachdem ich meine Fotopsychologie geschrieben hatte, ging das Interesse der Verlage an Fotoliteratur zurück. Das hatte einerseits mit dem Aufkommen der digitalen Fotografie zu tun, andererseits mit personalen Veränderungen in den Verlagen, mit denen ich zusammengearbeitet habe.
In den Jahren nachdem ich meine Fotopsychologie geschrieben hatte, ging das Interesse der Verlage an Fotoliteratur zurück. Das hatte einerseits mit dem Aufkommen der digitalen Fotografie zu tun, andererseits mit personalen Veränderungen in den Verlagen, mit denen ich zusammengearbeitet habe.
Außerdem war ich im Rahmen der Arbeit an Fotopsychologie und einen
Vortrag über die Entstehung des Bildes etwas tiefer in ethnologische und
religionsgeschichtliche Themen eingedrungen und habe mich dafür interessiert
auf diesem Sektor zu arbeiten. Über Fotografie habe ich ja schließlich so viel
geschrieben, dass ich befürchtete, wenn ich mich weiterhin darauf beschränkte,
in die Gefahr käme mich selbst immer wieder abzuschreiben – was ja keine
besonders interessante Vorgehensweise ist. Ich wollte nicht hängen bleiben, sondern
Schritte nach vorne tun.
Fotonanny: Sollte ich jetzt sagen: Das kommt mir irgendwie bekannt vor? Vielen Dank für diese offenen Worte - und ich freue mich schon auf den nächsten Teil unseres Interviews. Das nächste kleine Intermezzo dreht sich um Photoshop und danach unterhalten wir uns über "das dritte Leben des Günter Spitzing".
Die Interviews im Überblick:
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