Samstag, 6. Oktober 2018

Ui, ich habe Post!

Ein paar Tage nach meinem Artikel zum Thema Analoge Post im betrachtenswert Blog öffne ich meinen Briefkasten und finde dort tatsächlich eine Postkarte! Danke, liebe Ulrike M., das hat mich total gefreut und Ihre lieben Zeilen auch! Besonders schön finde ich, dass Sie meine beiden Blogs besuchen. :-)

Der Respekt vor dem Urheberrecht verbietet es mir, Ihre Karte mit den Motiven aus der Nationalparkregion Unteres Odertal hier im Blog zu veröffentlichen, aber sie hat mich total neugierig gemacht. In letzter Zeit verreise ich aus familiären Gründen vorwiegend mit dem Finger auf der Landkarte, notiere mir aber alles, was für die Zukunft potenziell interessant sein könnte.

Meine erste Frage war: Wo genau ist das Untere Odertal?
So ungefähr wusste ich es, aber Google Maps hat mir geholfen, mein geografisches Wissen aufzufrischen. Danach klickte ich mich auf die Seiten des Nationalparks durch, schaute zu Flickr und in die Fotocommunity und dachte: Wandern und Radfahren wäre schon fein in dieser Gegend. Anderthalb Stunden ab Berlin, Kraniche und Eisvögel fotografieren in Deutschlands einzigem Auen-Nationalpark... wow! Was so eine Postkarte alles bewirkt. Es müsste mehr davon geben! Das belegt auch die Nachricht, die ich fast zeitgleich von einem Freund erhielt:

@Jacqueline: wir hatten Urlaub und eine Radltour gemacht. Die Postkarten die es so zu kaufen gab waren ja wieder mal total grottig (wie sonst überall auch.) Vielleicht wäre das mal ein Betätigungsfeld für Dich? ;-)


Ja, vor vielen Jahren hatte ich einmal mit diesem Gedanken gespielt...


Ansichtskartenmotive sind ein örtlich eng begrenztes Thema. Die Nachfrage ist gering, die Auflage niedrig und die Druckkosten sind entsprechend hoch. Der Vertrieb erfolgt über kleine regionale Verlage und die örtlichen Souvenirshops. Damit die Hersteller und Händler mehr anbieten, müsste die Postkarte an sich wieder attraktiver werden. Man findet schon einiges, wenn man vor Ort nach Ansichtskarten sucht. Aber oft sind es altbackene Bilder und verbogene oder verblichene Karten, die so aussehen als stünden sie schon seit Jahrzehnten im Laden. Den größten Raum im Kartenständer nehmen die Sprüchekarten ein. Nichts gegen dieses Kartengenre, ich mag coole Sprüche sehr. Aber wenn ich den Daheimgebliebenen eine Karte aus dem Urlaub schicke, dann soll man darauf schon die Gegend sehen, die ich gerade bereise.


Selbermachen?
Es gibt so viele gute und begabte Fotografen, die eigentlich tolle Kartenmotive aus ihrer Region hätten. Verdienen kann man mit Ansichtskarten nichts oder nicht viel. Aber zur Eigenwerbung oder als kleiner Ansporn für die eigene Fotografie ist eine Postkartenveröffentlichung nicht verkehrt. Wer in einer touristisch überlaufenen Gegend wohnt wie ich, wird es schwer haben. Die großen Verlage kaufen nur bei Agenturen ein. In weniger bekannten und abgelegenen Regionen ist das anders. Dort könnte man den regionalen Postkartenverlag kontaktieren und Motive anbieten. Eine andere Möglichkeit besteht darin, direkt die Läden vor Ort aufzusuchen und zu fragen, ob sie bereit wären, weitere Postkarten ins Sortiment aufzunehmen. Falls ja, müssen die Konditionen genau geklärt werden. Ich kenne jemanden, der die eigenen Fotomotive in der Gegend rund um Bremen und Worpswede auf diese Weise unter die Leute bringt. Lassen Sie sich aber keinesfalls dazu verleiten, erst einmal hunderte von Postkarten auf Ihre Kosten drucken zu lassen. Die Gefahr ist groß, dass Sie darauf sitzen bleiben.

Welche Regionen fotografisch über- oder unterrepräsentiert sind, kann man leicht im Netz recherchieren. Wenn es zu einem Suchbegriff bei Google Bildern, auf Flickr oder in der Fotocommunity wenig interessantes Material gibt, sollte man der Sache nachgehen. Auch ein Blick ins Programm des Kalenderverlags Calvendo lohnt sich bei der Recherche. Was gibt es zuhauf, wo ist das Angebot mager? Wo ein Wille ist, da ist ein Weg, sagt meine alte Mutter immer. Wenn man sich eine Absage holt: nicht verzagen. Man braucht eben auch eine Portion Hartnäckigkeit, Einfallsreichtum und Engagement, wenn man etwas erreichen will.

Digital wird wieder analog
Dass die gedruckte Postkarte im digitalen Zeitalter immer noch ihre Berechtigung hat, konnte ich bei meiner Recherche ebenfalls feststellen. Es gibt etliche Webseiten und Handy-Apps, mit denen man selbstfotografierte Bilder mit Text versehen, das Motiv als frankierte Postkarte ausdrucken und verschicken lassen kann. Es kostet nicht mehr als eine klassische Karte, allerdings gibt man beim Ausfüllen der Adressfelder und beim Verfassen der Texte auch viele persönliche Daten preis. Prüfen Sie auch, ob sich der Dienstleister irgendwelche Nutzungsrechte am verschickten Bildmotiv einräumt.
Wenn ich mal wieder etwas Zeit übrig habe, recherchiere ich weiter zu diesem Thema und reiche Links zu Anbietern nach. Mit solchen Apps könnten Sie bei Familie, Freunden und Kollegen zumindest testen, wie gut Ihre selbstfotografierten Kartenmotive ankommen. Das meine ich nicht nur im Sinne der postalischen Zustellung. Die meisten Leute werden genauso staunen wie ich und sich freuen, dass mal wieder eine klassische Ansichtskarte ihren Weg in den Briefkasten findet. Wenn die Empfänger dann auch noch erfahren, dass es sich um ein selbstfotografiertes Motiv handelt, ist die Überraschung vermutlich umso größer. 

Entschleunigung ernst nehmen
Eine Mail oder Whatsapp Nachricht rutscht nach hinten, mitgeschickte Bildmotive verschwinden sehr schnell im Nirwana des Vergessens. Die gedruckte Postkarte steht garantiert etwas länger auf dem Schreibtisch oder wird mit einem Magneten an den Kühlschrank geheftet. In den 1990er Jahren bedeckte eine Collage aus Ansichtskarten die Innenseite meiner Wohnungstür - Grüße von Freunden aus der ganzen Welt. In Zeiten von Smartphone, Facebook und Instagram sind die Pinwände virtuell geworden. Wir haben die Motive überall mit dabei, aber wir müssen auch jedesmal eines dieser Geräte anmachen, um die Bilder sehen zu können. Dabei werden wir abgelenkt, verbringen mehr Zeit mit den Geräten als wir eigentlich vorhaben und wundern uns, wo unsere ganze Zeit bleibt.

Wem würden Sie eine Ansichtskarte schicken?

Bei der Print my Postcard App fürs Smartphone kostet eine frankierte Karte mit angeblich echter Briefmarke 1,69 EUR, die Lieferzeit beträgt 1-3 Tage. Die AGB überzeugen mich noch nicht so richtig, da werde ich mal nachfragen und berichten, was dabei herauskommt.

Eigene Motive können Sie auch bei jedem Fotodienstleister als Karten drucken lassen. Die niedrigen Auflagen sind verhältnismäßig teuer und für den Urlaub ist es keine Option. Aber wie wir alle wissen kommt das nächste Weihnachtsfest ganz bestimmt. Spätestens dann stehen wir wieder vor der Frage: digital oder analog?

2 Kommentare:

  1. Ich hab ein paar Postkarten drucken lassen, mehr so aus Neugierde und verkaufe die auf Ausstellungen und über einen kleinen lokalen Souvenirladen. Die Druckkosten haben die schon mehrfach wieder reingespielt, weswegen ich überlege noch ein paar Motive mehr zu machen. Ich mag vor allem schmale Pano-Formate, die man grad noch so als normale Postkarte verschicken darf...

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  2. Wunderbarer Beitrag - sehr inspirierend.
    Ein bissel aufgeschreckt, hat mich der Satz: "Wenn ich mal wieder etwas Zeit übrig habe..." Ich kann garnicht schreiben, wie oft ich das denke, sage - und wieder vergesse.
    Die Male, wo ich gleich "dran" bleibe, kosten mich dann aber - wie oben gelesen - diese Zeit, die immer gleich ausufern will. Und wieder ist ein Tag vorbei, wo ich Abends nicht weiß, ob ich nicht einige Stunden besser für die Projekte "wenn ich mal wieder Zeit übrig hab" verwendet hätte*schmunzel
    ....ein Teufelskreis ♥

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