Freitag, 18. März 2022

Lichtblicker

28 mm | 1/710 s | f1,9 | ISO 40 (Smartphone)


Brauchen Sie zwischendurch eine Auszeit vom Nachrichten-Bombardement und eine kreative Pause? Ich nehme mir diesen Abstand ganz bewusst, und dazu gehe ich gerne raus an die frische Luft.
An diesem Motiv war ich schon vorbeigejoggt, habe es mir aber nochmal anders überlegt. Es sah nicht so aus wie oben gezeigt, es war einfach nur ein verlorenes Haargummiband, das jemand netterweise aufgehoben, und auf einen dieser grusligen Mülleimer gelegt hatte. Eine liegende Acht, das ist ein symbolisches Motiv und sowas findet man nicht so oft. Damit kann man doch was anfangen?
Von oben betrachtet fiel mir sofort der Schatten auf, den das Spiralband in der Morgensonne warf. Aus dieser Perspektive verstärkt er nur die Unruhe des Motivs. Mit dem wenig attraktiven Mülleimerhintergrund war ich auch nicht so glücklich, aber das Licht brachte mich auf eine Idee.

28 mm | 1/100 s | f1,9 | ISO 40 (Smartphone)

Der Schatten ist fast noch interessanter als der Gummiwurm, aber dazu musste die Spirale aufrecht stehen. Das tut sie aber nicht von alleine. Normalerweise arrangiere ich meine Motive nicht, aber diesmal musste es sein. Ich probierte eine Weile herum, ob sich das Band nicht doch überreden lässt, wenigstens für ein paar Sekunden in der gewünschten Position stehenzubleiben... nein. Ich wollte weder meine eigenen Finger noch deren Schatten im Motiv haben. Die Lösung: ein winziger Kieselstein. Unter dem Spiralband möglichst dezent platziert, sorgt er für die nötige Stabilität.

28 mm | 1/210 s | f1,9 | ISO 40 (Smartphone)

Das hätte es schon sein können, aber es war erneut der Lichteinfall, der mich auf die Idee brachte, auch das Umfeld mit ins Motiv einzubauen. Das erzeugt mehr räumliche Tiefe, und jetzt habe ich die liegende Acht doppelt: einmal als transparent schimmerndes Spiralband und dazu den schönen Schattenwurf. Den kleinen Kieselstein sieht man jetzt nur noch, wenn man weiß, dass er da war.
Jetzt musste ich nur noch vor dem Mülleimer in die Knie gehen - das ist ja auch Teil des morgendlichen Fitnesstrainings - und das arrangierte Stillleben im Gegenlicht fotografieren: Zack, fertig.
Klar, man macht sich zum Affen, wenn man mit dem Handy vor einem Mülleimer kniet - Hundebesitzer finden sowas merkwürdig oder lustig. Ich auch, aber ich weiß ja, warum ich diese Verrenkungen mache.  😅

Bildidee: fünf Sekunden. Fotografieren: insgesamt vielleicht zwanzig Sekunden. Gummiband bändigen: Gefühlte Ewigkeit. Notiere: Ungeduld bändigen als nächsten Übungsschritt.

Die Aufnahmedaten sagen: Es hat insgesamt vier Minuten gedauert. Gut, dass ich nicht mit einer Selbstoptimierungs-App durch die Gegend renne, das hätte den Durchschnittswert massiv runtergezogen. Und selbst wenn: Interessante Fotos sind mir wichtiger als Geschwindigkeitsrekorde. So wird auch das Joggen zu einer kreativen Entdeckungstour, macht noch  mehr Spaß, und steigert die Motivation, nächstes Mal wieder loszurennen. 😊

In letzter Zeit habe ich häufiger überlegt, ob ich hier nicht doch mal einen Fitness-Fotokurs einstellen soll. Fit durch Fotografieren wäre ein toller Titel. Fotografieren trainiert Ihre Bein-, Schulter-, Rücken-, Nacken- und  Lachmuskeln, verbessert die körperliche und geistige Beweglichkeit, und erhöht zudem die Anzahl der täglich zurückgelegten Schritte. Kund:innen bestätigen: Das Training ist ideal für Bewegungsmuffel:innen. 😜

Bei einem anderen aktuellen Motiv müssen Sie jetzt schnell sein: Saharastaub. Morgen ist Wochenende, dann fahren auch die letzten Autobesitzer:innen mit ihren sandigen Vehikeln zur Waschstraße.
> betrachtenswert-Blog: Saharastaub

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