27 mm | 1/8 s | f1,6 | ISO 12.800 (!) | ohne Blitz - Smartphone |
Ist das Kunst, oder kann das weg? Lösen Sie sich für einen Moment von dieser Frage, weil es heute um die Aufnahmetechnik geht, konkret um den Einsatz des kamerainternen Blitzlichts. Ob Sie mit dem Smartphone oder anderen Kameramodellen fotografieren, spielt bei diesem Beitrag keine Rolle.
Das Foto oben ist ohne Blitz aufgenommen und gefällt mir deutlich besser als die Variante, bei der ich den Blitz eingeschaltet hatte. Allerdings war es nicht die erste Aufnahme, die ich gestern Abend auf dem Nachhauseweg gemacht hatte. Es war stockfinster und ich war an diesem merkwürdigen Objekt bereits vorbei gelaufen. Es stand unter einer Straßenlaterne, schummrig beleuchtet, und ich hatte es eilig. Ein paar Schritte weiter dachte ich: Wer weiß, ob dieses Ding noch hier steht, wenn ich bei besseren Lichtverhältnissen wieder vorbei komme. Es war diese klassische "Jetzt oder nie" Situation, in der man sich überlegt: Wie mache ich das jetzt?, oder weitergeht, weil man denkt: Das wird nichts, das ist garantiert verwackelt, das kannst morgen früh gleich wieder löschen. Kennen Sie solche Stimmen auch? Hören Sie nicht drauf, probieren Sie es einfach aus.
Blitzen oder nicht?
Obwohl ich mein neues Smartphone schon seit vier Monaten benutze, hatte ich den Blitz noch nie aktiviert. Ich mag die typische Blitz-Ästhetik nicht, und im Alltag bin ich meistens zu faul oder zu sehr in Eile, um die komplexeren Einstellungen an der Kamera zu suchen.
Als es im Herbst immer dunkler wurde, habe ich sehr wohl ausprobiert, wie gut die Handykamera und ihr Sensor mit schummrigen bis düsteren Lichtsituationen umgeht. Nicht so gut, war die bisherige Erfahrung. Also war klar: Dieses Objekt wird ausnahmsweise mit Blitz fotografiert, das geht ja schnell. Gedacht, getan, und so sieht das Ergebnis mit Standardeinstellung typischerweise aus:
27 mm | 1/20 s | f1,6 | ISO 800 (!) | erzwungener Blitz - Smartphone |
Das dunkle Umfeld wird im Foto weitgehend schwarz, das nahe Objekt hell genug
abgebildet. Das ist meistens nicht besonders schön oder künstlerisch, aber wenigstens hat man mit dem Blitz eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, dass das Objekt / Hauptmotiv scharf abgebildet wird. Es muss sich nur innerhalb der Blitzreichweite befinden, das sind in der Regel ein paar Meter. Wie weit der Blitz reicht, hängt davon ab, wie leistungsstark er ist. Das erkennen Sie beim Kauf von Blitzgeräten an der sogenannten "Leitzahl". Je höher die Leitzahl, desto leistungsstärker der Blitz. Für den eingebauten Blitz finden Sie diese Angaben bei den technischen Daten in der Bedienungsanleitung, bei Smartphones eher nirgends, da müssen Sie es einfach ausprobieren.
Nachbearbeiten?
Zu Demonstrationszwecken habe ich das mit Blitz aufgenommene Motiv in Lightroom bearbeitet. Sie sehen schon, dass man aus den sogenannten "Tiefen" (dunkle / schwarze Bereiche) selbst beim einfachen Kamera-JPEG noch Informationen herauskitzeln kann. Sie enthalten aber bei weitem nicht die Farben und die Details, die man sich für ein interessantes und technisch hochwertiges Bild wünscht. Bei meinem alten Smartphone wäre das Ergebnis noch deutlich grottiger ausgefallen (extremes Bildrauschen, überhaupt keine Farbe in den dunklen Bereichen). Nachbearbeitung ist hier also nicht der Königsweg, und je nach Sensor/Kameraqualität ist sie oft gar keine Option. Vielleicht sollte ich noch dazu schreiben, dass die anderen Beispielbilder diesmal völlig unbearbeitet (out of cam) sind. 😊
Lightroom-Bearbeitung des Motivs, vor allem Tiefen/Lichter-Korrektur und Farbanpassungen. Ergebnis: Konturen matschig, Farben igitt. |
Probieren geht über studieren
Allen Erfahrungen zum Trotz wollte ich nach dem "sicheren" Blitzbild doch noch eine Aufnahme ohne Blitz machen. Zu meinem Erstaunen ist in meinen Freihand-Aufnahmen nicht nur das Hauptmotiv scharf abgebildet, man sieht auch erheblich mehr Details der Wiese und der Bäume im Hintergrund. Sogar in den Wolken am Himmel sind Konturen vorhanden, dabei kam es mir vor Ort bei weitem nicht so hell vor, wie man es hier im Foto sieht! Morgen ist Vollmond, gestern Abend sah man ihn schon gelegentlich durch die Wolkenlücken schimmern. Auch das mag dem Bild genutzt haben. 😏
Zufallsbeleuchtung
Weil ich weiß, dass Fotos bei wenig Licht (Available Light) gerne verwackeln, mache ich grundsätzlich mehrere Aufnahmen vom gleichen Motiv. Während der Autofokus noch am Suchen war, kam ein Radfahrer vorbei. Ich sah, wie das Licht des Fahrradscheinwerfers das Motiv erfasste, und für einen kurzen Moment zusätzlich beleuchtete. Nennen Sie es Zufall oder Glück, dass ich genau diesen Augenblick für meine zweite Aufnahme erwischte. Das Motiv erhielt dadurch einen metallisch blauen Farbschimmer.
27 mm | 1/8 s | f1,6 | ISO 12.800 (!) | ohne Blitz - Smartphone |
Hier zum Vergleich noch einmal die erste Aufnahme, bei der die Metallskulptur eher in warmen Farben beleuchtet ist. Die Aufnahmedaten sind, ob mit oder ohne Fahrradlampe, identisch. Das Mischlicht aus der Straßenlaterne (Farbtemperatur warm) und der Fahrradlampe (Farbtemperatur kühl) erzeugen den Effekt, der Weißabgleich an der Kamera (WB) war auf Automatik (AWB) eingestellt. Wer nicht so viel Glück hat, kann solche Effekte in Lightroom oder einem anderen Bearbeitungsprogramm nachträglich auftragen (Pinselwerkzeug, lokale Farbtemperaturanpassung).
Erste Aufnahme zum Vergleich: warme Farben |
Das abendliche Erlebnis hat mich daran erinnert, dass ich mich jetzt in der dunklen Jahreszeit doch mal wieder mit den Blitzlichteinstellungen an der Kamera beschäftigen könnte. Blitzfotos müssen nämlich nicht so aussehen, wie oben gezeigt. Auch mit meinem
Smartphone könnte ich mehr experimentieren, wenn ich in den PRO-Modus wechsle, und bei aktiviertem Blitz die
Belichtungszeit anders einstelle. Faustregel: Je länger die
Belichtungszeit, desto heller wird die Umgebung in solchen Situationen
abgebildet. Beim Smartphone habe ich wahrscheinlich keine Möglichkeit, die Blitzleistung unterschiedlich zu dosieren, aber ich habe da noch so ein paar andere schöne Kameras herumliegen, die gerne mal wieder ausgeführt werden wollen. 😀
Vollmond ist auch eine tolle Beleuchtung für Nachtaufnahmen - das wäre dann etwas für einen Ausflug mit dem Stativ. Vielleicht macht Ihnen dieser Appetithappen Lust, selber etwas auszuprobieren? 😊
Last but not least: Streetart!
Ich weiß nicht, welcher Scherzkeks für die Skulptur "Hörbert der Störbert" verantwortlich zeichnet, und ob Sie solche Objekte genauso lustig finden wie ich. Es fällt jedenfalls in die Kategorie Streetart:
Als Streetart werden verschiedene, meist nicht kommerzielle Formen von Kunst im öffentlichen Raum bezeichnet, die nach der Absicht der Ersteller durchaus dauerhaft dort verbleiben sollten. Unter Streetart versteht man selbstautorisiert angebrachte Zeichen aller Art im urbanen Raum, die mit einem weiteren Personenkreis kommunizieren wollen. Die engere oder weitere Auffassung des Begriffes Streetart ist an deren kommerzielle Verwertbarkeit geknüpft. Im Gegensatz zu Graffiti überwiegt oft der Bildteil, nicht das kunstvolle Schreiben/Malen des eigenen Namens. (Wikipedia)
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