28 mm | 1/2000 s | f2 | ISO 80 | Nikon Coolpix P7700 LR-Bearbeitung |
Die Creative Cloud mit Lightroom und Photoshop hat ihre Anwender unlängst mit neuen Funktionen beglückt. Dazu gehört unter anderem
eine KI-basierte Funktion in Lightroom, mit der das Bildrauschen besser und wohl auch motivgerecht reduziert werden kann. Ich habe dieses Rauschreduzierung > Entrauschen ausprobiert, aber ...
Das Blöde ist, dass sich diese Funktion nur auf RAW-Dateien anwenden lässt, allerdings nicht auf alle. Die Analyse und Bearbeitung dauert - zumindest auf meinem Rechner - minutenlang, bis die KI zu Ende gedacht und gearbeitet hat. Anschließend wird ein DNG-Format
ausgegeben.
Herrjeh, ich habe doch gerade erst eine neue
Datensicherungsplatte in Betrieb genommen! Will ich noch mehr Daten? Soll ich zum
Hersteller-RAW und den JPEGs jedes Mal auch noch ein DNG-Format doppelt sichern?
Grundsatzfrage: RAW + DNG?
Ich weiß, dass manche Leute generell alle Kamera-Rohdateien in ein DNG umwandeln, und dann nur dieses Format behalten. Sie tun das, weil man mit dem DNG langfristig mehr Sicherheit hat, dass die Dateien mit den vielen Informationen auch von späteren Progammen und Rechnergenerationen noch gelesen - und bearbeitet - werden können. Das ist ein gewichtiges Argument.
Entrauschen gehört bei meinem Workflow zu den Standardaktionen, weil ich oft mit hohen ISO-Werten fotografiere. Deshalb wäre mir so eine super Funktion schon recht. Ich könnte damit auch Dateien aus älteren Kameras, die früher ein viel stärkeres Rauschen erzeugt haben, noch einmal optimieren - die kann Lightroom aber leider (noch?) nicht lesen. Vielleicht kann ich sie in ein DNG umwandeln, und dann entrauschen? Das probiere ich noch aus.
Nach dem Entrauschen stehe ich vor der Frage, ob ich beide Dateien aufhebe, oder nur das DNG. Noch mehr Speicherplatz werde ich also auf jeden Fall brauchen. Das wäre okay, aber das primäre Problem bei meinem Test war, dass die KI meine Geduld zu sehr strapaziert hat. Ich müsste mir vielleicht einen neuen Rechner kaufen - und so kommt eins zum anderen.
Zwischenfazit
Wenn's irgendwann mal schneller läuft, und für alle meine RAW-Formate funktioniert, nehme ich gerne einen zweiten Anlauf. Überhaupt ist festzustellen, dass nach den größeren Updates gerne mal Programmabstürze auftreten. Da würde ich mir von den Entwicklern etwas mehr Rücksicht auf Anwender wünschen, die computertechnisch nicht ständig auf dem allerneuesten Stand sind. Gut wäre auch ein Hinweis, welche Rechnerleistung für welche Funktion nötig ist, und die Option, dieses Upgrade auszulassen.
Weiterhin begeistert bin ich von der - ebenfalls aufgebrezelten - KI-Funktion für die Motiverkennung und selektive Bearbeitung verschiedener Motivbereiche (Maskierung). Dass die Bildergebnisse nichts mehr mit dem zu tun haben, was aus der Kamera kam, hatte ich an anderer Stelle schon erwähnt. Oben sehen Sie das bearbeitete Motiv, wenn Sie weiterlesen das Original und eine andere Version.
Die Aufnahme von den Birnbaumblüten hatte ich Ende April gemacht. Das Wetter war scheiße, aber die Sonne kämpfte sich gerade mal für ein paar Minuten durch die dichten Wolken. Meine sonst so häufigen Sonnensternmotive waren nicht machbar, das geht nur bei klarem Himmel. Hier gab es nur den grellen Sonnenbatzen und viel diffuses Gegenlicht. Einfangen wollte ich den seltenen Lichtblick aber doch. Das ist die klassische Situation, in der man entweder
- den Aufhellblitz einschaltet und dessen Lichtleistung gegebenenfalls ans Motiv anpasst,
- die Belichtungskorrektur nach Plus verwendet, um das Bild insgesamt heller zu machen,
- oder man bekommt ein unterbelichtetes, und somit finsteres Silhouettenmotiv.
Es war der Tag, an dem meine P7700 ihr Gedächtnis verloren hatte (siehe vorheriger Artikel). Folglich war ich spät dran, und hatte noch nicht wieder alle gewohnten Einstellungen parat. Zwei schnelle Aufnahmen mussten reichen, um die Morgenstimmung einzufangen. Die Original RAW-Datei sieht so aus, total duster. Das war es auch vor Ort.
Original, RAW, unkorrigiert |
Die Helligkeit des Himmels und der Bäume im Hintergrund stimmen mit
meiner subjektiven Wahrnehmung überein: Da war Finsternis mit einem Lichtfleck, die Fotografin und die Kamera geblendet vom Licht. Als
Foto ist das Motiv definitiv zu dunkel. Speziell die weißen Blüten hatte ich heller und weißer wahrgenommen. Das Auge sieht mehr als die Kamera,
immer noch, und die Phantasie erledigt den Rest. 😉 Für die Belichtungskorrektur habe ich mir keine Zeit genommen.
Unterbelichtung am Computer aufhellen ist erfahrungsgemäß kein Problem. Die zweite bearbeitete Version sieht dann so aus, als hätte ich an der Kamera die Belichtungskorrektur nach Plus verwendet, und zusätzlich die Kontrastkorrektur (Active D-Lighting bei Nikon, i.Dynamik bei Panasonic) maximal aufgedreht, um die Tiefen und Lichter zu korrigieren. Das gibt mehr Farbe, mehr Helligkeit, mehr Wärme - und das Motiv wirkt fast schon frühlingshaft. Das war es nicht, das dürfen Sie mir glauben.
Der Nachteil am Aufhellen per Bildbearbeitung ist: Das verstärkte Bildrauschen. Die Belichtungskorrektur (++) an der Kamera hätte dieses Problem vermieden.
LR-Bearbeitung - Automatische Korrektur + Tiefen/Lichter-Anpassung |
Weder das zu dunkle Original noch das aufgehellte Bild kommen meinem subjektiven Eindruck nahe. Dazu sagt Gisèle Freund: Das Auge macht das Bild, nicht die Kamera. Nun, ich würde sagen: Es ist Arbeitsteilung oder gar Teamarbeit. 😁
Also habe ich die KI ran gelassen, und ihr über die Maskierung mitgeteilt, wie ich das Motiv "gesehen" habe. Dabei habe ich auch ein klein bisschen übertrieben: Die Schatten sind dunkel geblieben, der Himmel wurde bläulich, wo gar kein Blau war - es war Grau. Wo man im Original kein Blattgrün und kein Rosarot sieht, habe ich selektiv aufgehellt - und die Blüten natürlich auch. Farbverstärker (Glutamat fürs Bild). Der diffuse Lichtfleck der Sonne bekommt, mit etwas Phantasie, eine leichte Herzform, wie im dunklen Original.
Das Motiv hätte man komplett anders bearbeiten oder "ausarbeiten" können, gemäß dem Motto "Ein Foto schlägt nur noch Möglichkeiten vor." Ich hätte mich auch an Andreas Feininger orientieren können, der meinte, dass man bei ungünstigen Lichtverhältnissen gar nicht erst auf den Auslöser drücken soll. Allerdings hat Feininger hat die Digitalfotografie gar nicht mehr erlebt. Ich weiß nicht, ob er entsetzt oder begeistert gewesen wäre.
Hier noch einmal zum Vergleich:
28 mm | 1/2000 s | f2 | ISO 80 | Nikon Coolpix P7700 LR-Bearbeitung |
Für so komplexe Bildbearbeitungen hätte ich vor der KI-Funktion "Maskierung" ewig gebraucht, und mit Auswahlwerkzeugen lange herumfrickeln müssen. Das Meiste geht mittlerweile per Knopfdruck, und die Maskierung lässt sich danach selektiv mit ein paar Reglern anpassen. Mit dem Update ist auch eine Gradationskurve für die selektive Anpassung neu hinzu gekommen.
Für Anfänger ohne Vorkenntnisse ist es immer noch kompliziert, für erfahrene Bildbearbeiter*innen sind es nur ein paar Handgriffe - und deutlich weniger als früher.
Bei detailreichen Motiven dauert es ein bisschen, bis die automatische Auswahl erstellt ist, manchmal muss man noch ein bisschen nachkorrigieren, aber bei dieser Funktion ist der Fortschritt insgesamt zeitsparend. Man kann ihn zur Reparatur einsetzen, oder zur Optimierung - in meinem Fall war es eher eine Reparatur, also kein gutes Bild. Das Beispiel soll Ihnen nur zeigen, was alles möglich ist, und was mittlerweile Standard ist. Solche Bilder kriegen Sie (noch) nicht aus Ihrer Kamera, das kommt aber sicher auch noch. Retro-Fotografen kaufen dann Digitalkameras ohne KI-Unterstützung, oder greifen wieder zur analogen Filmrolle. 😅
Siehe auch: Bildbearbeitung - nicht nur für Fenster hier im Blog, die Sonnensternmotive, oder die Geschichte vom Gedächtnisverlust der Kamera
Weiterführende Links
Bei den Youtube-Videos habe ich Links gesucht, die den jeweiligen Begriff in wenigen Minuten erklären. Wenn Sie bessere (Kurz)Videos kennen, schreiben Sie gerne einen Kommentar.
- Bildrauschen - Wikipedia, oder ein Youtube-Video von Rico Best
- DNG-Format - Wikipedia oder als Youtube-Video von Maik Herfurth
- Gradationskurve - fotolehrgang.de oder als Youtube-Video von der RAW Akademie
Solange Adobe DNG unterstützt, wird man auch jedes RAW, dass sie jemals kannten, nachträglich in DNG umwandeln können.
AntwortenLöschenErst wenn Adobe DNG aufgibt, werden sie auch den Konverter aufgeben.
Daher wundert es mich immer, wenn man DNG für langfristig sicherer hält als das Original RAW - man kann ja jederzeit das RAW in DNG umwandeln.
Zurück wird da schwieriger...
Vielen Dank für die Anmerkung - seh ich auch so. :-)
Löschen