27 mm | f1,6 | 1/17 s | ISO 2000 - Smartphone |
Wo gestern eigentlich "Blaue Stunde" hätte sein müssen, leuchtete der Abendhimmel beinahe safrangelb. Schon von Weitem war der diffuse Schein zu sehen, und an nebligen Abenden sieht man diese Lichtverschmutzung besonders deutlich. Dieses gespenstisch gelbe Licht ist relativ neu und kommt aus dem Fußballstadion an der Grünwalder Straße, das "Sechzger-Stadion", wie es bei uns heißt. Es steht manchmal wie eine leuchtende Schüssel auf dem Berg, auch wenn drinnen niemand zu sehen und zu hören ist. Das ist schon gespenstisch. 😏
ISO 2000 ohne krasses Bildrauschen hat mich auch beeindruckt. Bei nächtlichen Freihandaufnahmen fordert mich das Handy über eine Texteinblendung am Monitor auf, die Kamera ruhig zu halten. Bei unbewegten Motiven bringt das was, bei bewegten nicht. Es kommt aber auch auf die konkrete Belichtungszeit an. Unabhängig von Modell und Marke sind Langzeitbelichtungen von mehreren Sekunden ohne Stativ oder aufgelegte Kamera ein sinnloses Unterfangen. Versuchen kann man alles, wenn man im Vorbeigehen etwas Interessantes sieht. Man darf nur nicht erwarten, dass es perfekt gelingt. Beim Treppenfoto wäre jetzt noch ein schöner Lichtstern an der Straßenlaterne das i-Tüpfelchen gewesen.
Zu beobachten ist, dass die Kameraautomatiken - speziell am Handy - Sonnenuntergänge automatisch verstärken und bunter gestalten, als sie in Wirklichkeit sind. Auch das kommt unserer subjektiven (Wunsch)Vorstellung entgegen.
Je weiter eine fotografierte Szene von typischen Standardmotiven abweicht, desto weniger kann der Automatische Weißabgleich (AWB) falsche Farben erkennen. Er macht auch so immer wieder Fehler. Mit einer Anpassung auf Einstellungen wie Sonne, Bewölkt, Kunstlicht etc. kann man schon während der Aufnahme eingreifen und die Farben verändern. Soll es noch genauer sein, kann man den Kelvin-Wert individuell anpassen, oder einen Manuellen Weißabgleich in Betracht ziehen, sofern die Kamera diese Funktion hat.
In meinem Fall musste ich über solche Korrekturen nicht nachdenken, denn das Bild war genau so gelb wie das Motiv.
Wenn im Stadion Fußballspiele stattfinden, ist normalerweise die große Flutlichtanlage in Betrieb: Vier hohe Masten mit kaltweiß leuchtenden Strahlern, deren Licht in den Abendstunden und auf Fotos eher ins Bläuliche tendiert. In den letzten Jahren wurden die Lampen modernisiert, die Strahler neu ausgerichtet, die Lamellen ausgetauscht und anders justiert. Seitdem knallt das Licht bei uns nicht mehr so grell ins Wohnzimmer, und es blendet nicht mehr so stark. Jetzt ist Energiekrise, und offensichtlich hat man sich unlängst wieder neue Beleuchtungsalternativen fürs Stadion ausgedacht, und diese Lampen erzeugen gelbes Licht. Im Außenbereich sehen Sie Kunstlicht in kalten Farben, darum erscheint der Bereich darum herum in Blau, obwohl das Gebäude in Wirklichkeit betongrau ist.
19 mm | f2,2 | 1/17 s | ISO 2500 - Smartphone |
170 mm | f4 | 1/100 s | ISO 500 - Lumix FZ1000 ii |
Nach dem Gelb warte ich jetzt wieder auf das Blau am Abendhimmel. Der Februar steht bei mir unter dem Motto "Experimente" - inhaltlich und kameratechnisch. Das erste davon hat mich auch überrascht. Als ich den tief dunkelblauen Abendhimmel sah, und die leuchtenden Sterne zwischen den kahlen Ästen des efeuumrankten Baumriesen, zückte ich mein Handy. Ich konnte den Baum in der Dunkelheit kaum vom dunklen Himmel unterscheiden. Auf dem Monitor war auch nicht viel zu sehen, außer der oben erwähnten Textzeile, dass ich das Gerät ruhig halten soll. Nach diesem einen Versuch steckte ich das Smartphone weg und ging nach Hause. Beim Herunterladen der Bilder am nächsten Morgen dachte ich, ich seh nicht recht:
27 mm | f1,6 | 1/4 s | ISO 25.600 - Smartphone out of cam, unbearbeitet |
Das Bild ist viel heller als das Motiv in Wirklichkeit war. Für eine Freihandaufnahme in beinahe totaler Finsternis ist das Ergebnis mit ISO 25.600 bei einer extrem wackeligen Viertelsekunde Belichtungszeit nahezu unfassbar. Man sieht sogar die Sterne am Himmel...
Auch wenn es unmöglich erscheint, und die Aufnahme nach allen bisher bekannten Regeln eigentlich nichts werden kann: Es klappt manchmal doch. Es gar nicht erst versuchen ist das Einzige, was man vielleicht doch nicht tun sollte. 😃
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"Beim Treppenfoto wäre jetzt noch ein schöner Lichtstern an der Straßenlaterne das i-Tüpfelchen gewesen." Mit einem Bildbearbeitungsprogramm wie z.B. Lu...ar Neo kann Abhilfe geschaffen werden. LG
AntwortenLöschenJa, das stimmt. Bei den Fotos, die ich "im Vorbeigehen" mache, wende ich solche Effekte (noch) nicht an. Da bin ich noch ein bisschen altmodisch und würde eher auf klassische fotografische Methoden setzen. Der Hinweis ist trotzdem gerechtfertigt: Wenn ich Bilder mit Programmen wie Lightroom oder Photoshop bearbeite, sind sie ja auch nicht mehr "original". Es wirft die Frage auf, wo endet die "digitale Dunkelkammer" und wo verändere ich das Motiv so stark, dass ein "künstlich hinzugefügtes" Element im Bild auftaucht? Als ich die Bilder aufgenommen habe, dachte ich: Wie lange wird es dauern, bis es eine Kamerafunktion gibt, die mich gar nicht vor diese Frage stellt, sondern die Laternen gleich als Sterne wiedergibt. ;-)
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