Am vergangenen Wochenende bin ich meinen eigenen Tipps gefolgt und war mal wieder auf dem Münchner Japanfest. Diese Veranstaltung gibt es seit 1995 und im Prinzip ist es immer wieder das gleiche: Kampfkunst-Vorführungen im Grünen, Bühnenshows, eine Ikebana-Ausstellung und kleine Schnupperkurse, wie man die Blumen arrangiert oder wie das Brettspiel Go funktioniert. Seit einigen Jahren hat sich das Fest auch zu einem Treffpunkt der sogenannten Cosplayer entwickelt, die in ihren bunten und witzigen Kostümen für Aufsehen sorgen.
Die ganze Veranstaltung konzentriert sich auf einen sehr kleinen Bereich zwischen dem Eisbach und der Insel, auf dem sich das japanische Teehaus befindet. Inzwischen ist es bei dieser Veranstaltung so voll, dass die Besuchermassen nur noch in einer Richtung über die schmalen Wege gelotst werden.
Damit man von den Vorführungen wirklich etwas sieht, muss man entweder früh da sein, und sich rechtzeitig einen guten Platz sichern, oder darauf hoffen, dass sich irgendwo eine Lücke in der Menge auftut. Störende Elemente gibt es neben und hinter jedem potenziellen Motiv. Deshalb ist der richtige Standort extrem wichtig, und eine zum Motiv passende Brennweite (Zoom) ist sehr von Vorteil.
Auch die Lichtverhältnisse sind schwierig: Unter den großen alten Bäumen ist es stellenweise sehr dunkel, also besteht Verwacklungsgefahr. Bei Sonnenschein muss man zudem die harten Kontraste bewältigen. Schattenwürfe im Gesicht lassen Personen unvorteilhaft aussehen, die ausgestellten Ikebana-Arrangements stehen ebenfalls in der prallen Sonne und sind deshalb nur selten optimal beleuchtet. Trotzdem kann man mit ein bisschen Geschick und Erfahrung auch unter solch widrigen Bedingungen schöne Fotos machen. Beim Fotografieren vergesse ich normalerweise die Welt um mich herum, bin konzentriert auf die Motive und kann das Drumherum ganz gut ausblenden. Wenn nicht im "Profi-Modus" sondern im "Privatmodus" unterwegs bin, ist meine selektive Wahrnehmung immer etwas beeinträchtigt, und das macht das Fotografieren zu einer Herausforderung.
Die kleine Insel im Teich mit den wunderschönen roten Ahornbäumen war immer schon ein Hingucker und ein dankbares Fotomotiv. So wie oben sieht die Insel mit dem Teehaus fast immer aus, weil sie nicht betreten werden kann. Der gewählte Bildausschnitt verschleiert die Tatsache, dass sich knapp rechts neben dem Bildrand gerade Dutzende von Menschen dicht an dicht gedrängt vorbeigeschoben haben. Genau so funktionieren die meisten Bilder: Man lässt einfach weg, was man nicht zeigen oder nicht sehen will. Weil das so gut funktioniert, sieht man in der Autowerbung auch nie einen Stau, sondern immer tolle glänzende Fahrzeuge, die durch weite, einsame Landschaften düsen. Romantische Verklärung kommt bei Fotos immer besser an. Die meisten Bilder zeigen die Welt, wie wir sie gerne hätten.
Die persönliche Erinnerung, die in selbstgemachten Fotos steckt, umfasst stets mehr als das, was auf den Bildern zu sehen ist. Mir war es auf dem Japanfest zu voll, schon die Anreise mit dem Fahrrad war eine Tortur. Mit fünfundzwanzig Sonntagsradlern auf schmalen Radwegen Kolonne fahren und an jeder Ampel im Stau stehen ist purer Stress. Anschließend schiebt man sich in einer Fußgängerkolonne über das Gelände und steht wie im Supermarkt Schlange... Nicht mein Ding! Ich wollte weg und das so schnell wie möglich.
Am Schluss habe ich doch noch ein Fotomotiv gefunden, das den kleinen Ausflug perfekt zusammenfasst: Ein ungewöhnliches Detail vor fleckigem Licht mit unvermeidlichen Passanten und störenden Elementen. Dieses Bild ist nur minimal in Lightroom aufgehellt. Die selektive Schärfe war die einzige fotografische Technik, mit der ich das Motiv ein bisschen "aufgehübscht" habe. Es nimmt dem Motiv einen Teil der visuellen Unruhe und man kann die Gesichter der Passanten nicht mehr erkennen.
Beim romantisch verklärten Bild vom Teehaus kam Analog Effex aus der kostenlosen Nik Collection zum Einsatz. Die Einstellung "Nassplattenkamera" legt partielle Unschärfeeffekte, Schmutz und Kratzer über das Motiv. Dreht man dann noch ein bisschen an den Farben, sieht das Ganze aus wie ein analoges Foto. So sieht das Teehaus in meinen Erinnerungen aus, die in die frühen 1990er Jahre zurückreichen. Damals bin ich oft frühmorgens an diesem Motiv vorbeigelaufen und abgesehen von ein paar Joggern war niemand vor Ort.
Mein besonderer Dank gilt der Gans am unteren linken Bildrand, die gerade ihre Flügel ausgebreitet hatte. Ihretwegen musste ich bei der Bearbeitung die Position der Vignette und Effekte nach rechts verlagern, sonst wäre diese kleine Besonderheit verschwunden. Es ist eben nicht damit getan, einen vorgefertigten Filter auf ein Motiv zu klatschen.
Denkanstöße für Ihre Arbeiten
Die Bildauswahl:
Wenn Sie aus dem Urlaub oder von einem Fotospaziergang zurückkommen, welche Bilder wählen Sie zu Ihren Favoriten und warum? Welche löschen Sie? Welche behalten Sie im Archiv, obwohl es vielleicht bessere Motive aus dieser Reihe gibt? Was hindert Sie daran, diese Bilder zu löschen? Meine Erfahrung: Solche Fotos werden oft interessant, wenn ein paar Jahre verstrichen sind. Dafür gibt es zwei Gründe:
- Das Motiv existiert nicht mehr und selbst ein fotografisch schlechtes Foto ist besser als keins.
- Man hat sich fotografisch weiter entwickelt und entdeckt in den Motiven neue Aspekte.
Die Ausarbeitung:
Die Bildbearbeitung am Computer entspricht der Ausarbeitung von Fotos in der Dunkelkammer, deshalb ist sie für die meisten Fotografen ein zwingender Bestandteil des fotografischen Prozesses. Manchmal geht es um die Reparatur von Fehlern (Retusche), aber die Veränderungen in der Bildwirkung sind oft viel wichtiger. Erfahrene Fotografen bearbeiten nur ihre besten Fotos, die schon ohne Bildbearbeitung gut genug wären, um gezeigt zu werden. Wir sprechen hier also nicht mehr von einer Korrektur, sondern vom Feinschliff.
Die Bildbearbeitung am Computer entspricht der Ausarbeitung von Fotos in der Dunkelkammer, deshalb ist sie für die meisten Fotografen ein zwingender Bestandteil des fotografischen Prozesses. Manchmal geht es um die Reparatur von Fehlern (Retusche), aber die Veränderungen in der Bildwirkung sind oft viel wichtiger. Erfahrene Fotografen bearbeiten nur ihre besten Fotos, die schon ohne Bildbearbeitung gut genug wären, um gezeigt zu werden. Wir sprechen hier also nicht mehr von einer Korrektur, sondern vom Feinschliff.
Wenn Sie Ihre Bilder bearbeiten: Machen Sie sich bewusst, warum Sie
einen bestimmten Bearbeitungsstil wählen. Die Bearbeitung erfolgt, genau wie das Fotografieren selbst, oft sehr
intuitiv. Wie beim Malen weiß man manchmal nicht, warum man ein Motiv
genau so und nicht anders bearbeitet. Wie verändert sich das Motiv
durch die Bearbeitung? Wird es realistischer, abstrakter, romantischer,
düsterer, klarer, eindrucksvoller...? Versuchen Sie ein treffendes Adjektiv zu finden, wenn Sie das Motiv in der Vorher-Nachher-Ansicht betrachten. "Schöner" dürfte meistens zutreffen, ist aber nicht genug für diese Übung.
Ganz allgemein können Sie sich überlegen, ob es bei Ihren Bildbearbeitungen darum geht, einen durchgängigen Bildstil zu erreichen, zum Beispiel weil Sie bestimmte Fotos in Serie präsentieren wollen. Bringen Sie einen ganz persönlichen Stil in Ihre Bilder oder optimieren Sie die Fotos so, dass sie Wettbewerbskriterien entsprechen?
Ganz allgemein können Sie sich überlegen, ob es bei Ihren Bildbearbeitungen darum geht, einen durchgängigen Bildstil zu erreichen, zum Beispiel weil Sie bestimmte Fotos in Serie präsentieren wollen. Bringen Sie einen ganz persönlichen Stil in Ihre Bilder oder optimieren Sie die Fotos so, dass sie Wettbewerbskriterien entsprechen?
Haben Sie Ihren fotografischen beziehungsweise Ihren Bearbeitungsstil schon gefunden? Manchmal gibt es mehrere, die mit dem jeweiligen Verwendungszweck der Bilder, aber auch mit fotografierten Motiv oder Genre wechseln. Für mich ist der Weg ist das Ziel und ich hoffe, dass Sie genauso viel Spaß beim Erkunden der Möglichkeiten haben.
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